Europa und die Weltbevölkerungsexplosion
– Geburtenüberschüsse und -defizite, Zu- und Abwanderung im globalen Vergleich –
nach Angaben aus den World Population Prospects 2015 der Vereinten Nationen
und darauf basierenden Berechnungen

Direkte Links zu Originaldaten im EXCEL-Format:
  Gesamtbevölkerung (einzelne Jahre)
  Geburten (Fünfjahreszeiträume)
  Geburtenhäufigkeit = Kinder pro Frau (Fünfjahreszeiträume)
  Sterbefälle (Fünfjahreszeiträume)
  Netto-Migration (Fünfjahreszeiträume)
  Nettomigrationsrate (Fünfjahreszeiträume)
Siehe jeweils EXCEL-Blätter "Estimates" [bis 2015] und "Medium Variant" [ab 2015].
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Grundsätzliches zur Erstellung der Schätzungen und Projektionen in:
Methodology of the UN Population Estimates and Projections (PDF)



Europa 1950 - 2100

 

Bis in die 1990er Jahre hinein ist die Bevölkerung Europas durch Geburtenüberschüsse und Netto-Migration (Saldo von Zuwanderern und Abwanderern) kräftig gewachsen.
Danach war die Geburtenbilanz negativ, dennoch wuchs die Bevölkerung zuwanderungsbedingt weiter.
2015 lag die Einwohnerzahl Europas (mit allen Staaten innerhalb und außerhalb der EU) um rund 35 % über der Zahl von 1950.

Dabei sind auch die Bewohner Sibiriens im asiatischen Teil der Russischen Föderation mitgezählt, nicht jedoch die Türken im europäischen Teil der Türkei, die insgesamt zu Westasien gerechnet wird, ebenso wie EU-Mitglied Zypern.

Europa  (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 549.089   1950 - 1995 478.813 310.489 + 168.324 + 10.365 + 178.689
1995 727.778   1995 - 2015 153.183 166.764 − 13.581 + 24.246 + 10.664
2015 738.442    

Die Bewegungsdaten (Geborene, Gestorbene, Netto-Migranten) sind in den Originaltabellen in 5-Jahres-Zeiträumen angegeben, die hier zu größeren Zeiträumen zusammengerechnet wurden. Angaben in Tausend! Bei den Zahlen in dieser und allen folgenden Tabellen sind also drei Nullen hinzuzudenken. 2015 beträgt die Einwohnerzahl also 738.442.000 = rund 738 Millionen.

Davon entfallen rund 102 Mio. auf Nord-Europa (zu dem hier auch Großbritannien und Nordirland sowie die Republik Irland mit zusammen 70 Millionen Einwohnern gerechnet werden). 191 Mio. entfallen auf West-, 152 Mio. auf Süd- und 293 Mio. auf Ost-Europa. (Beinahe die Hälfte der osteuropäischen Bevölkerung stellt Russland mit 143 Millionen, wobei wie gesagt die Einwohner im asiatischen, dünn bevölkerten Teil des eurasischen Riesenlandes mitgezählt werden).

Europa nach UN-Gliederung:

Nordeuropa  Westeuropa Südeuropa Osteuropa
Dänemark
Estland
Färöer
Finnland
Irland
Island
Isle of Man
Kanalinseln
Lettland
Litauen
Norwegen
Schweden
Vereingtes Königreich
   (GB und Nordirland)
Belgien
Deutschland
Frankreich
Liechtenstein
Luxemburg
Monaco
Niederlande
Österreich
Schweiz
Albanien
Andorra
Bosnien und Herzegowina
Gibraltar
Griechenland
Italien
Kroatien
Malta
Mazedonien
Montenegro
Portugal
San Marino
Serbien
Slowenien
Spanien
Vatikanstadt
Bulgarien
Moldawien
Polen
Rumänien
Russland
Slowakei
Tschechien
Ukraine
Ungarn
Weißrussland

 

Die nächsten zehn Jahre nach Projektionen der Vereinten Nationen (Department of Economic and Social Affairs, Population Division):

Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 738.442   2015 - 2025 76.005 85.024 − 9.019 + 8.667 − 352
2016 738.849
2017 739.208
2018 739.495
2019 739.676
2020 739.725
2021 739.638
2022 739.424
2023 739.088
2024 738.640
2025 738.090    

(Indem man die Bewegungsdaten und die Salden durch zehn teilt, erhält man einen groben Orientierungswert pro Jahr.)

Nach dieser UN-Modellrechnung mit einer angenommenen Netto-Zuwanderung von weniger als 900 Tausend = 900.000 Personen pro Jahr wird das gesamteuropäische Geburtendefizit in den nächsten zehn Jahren nahezu ausgeglichen und der Bevölkerungsstand in etwa gehalten. Dabei wird 2020 ein Maximum von 739,7 Mio. Einwohnern erreicht. Danach geht die Bevölkerung langsam zurück. (Die Projektion datiert noch vor der großen Flüchtlingswelle in der zweiten Hälfte 2015.)

 

So moderate Migrationszahlen werden die europäische Geburtenschwäche jedoch längerfristig nicht ausgleichen, selbst wenn die Geburtenhäufigkeit wieder etwas steigen sollte. Heute liegt die Geburtenhäufigkeit (Anzahl der Kinder pro Frau) bei 1,6. Den UN-Annahmen zufolge soll sie bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 1,8 steigen. Noch ungewisser sind die Annahmen zur Netto-Zuwanderung. Hier ein stark komprimiertes Resümee aus der UN-Modellrechnung bis 2100:

Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2025 738.090   2025 - 2050 175.740 229.281 − 53.541 + 22.242 − 31.297
2050 706.793   2050 - 2075 169.309 230.584 − 61.275 + 19.073 − 42.202
2075 664.591   2075 - 2100 163.621 196.098 − 32.477 + 13.463 − 19.014
2100 645.577    

Etwas verwunderlich ist, dass hier von langfristig rückläufiger Immigration ausgegangen wird. Andernfalls fiele der Bevölkerungsrückgang schwächer aus.

Im Übrigen hat eine Abnahme der Bevölkerung in Anbetracht der hohen europäischen Bevölkerungsdichte nicht nur negative Seiten und wäre aus ökologischer Sicht sogar zu begrüßen. Die Einwohnerzahl 2050 wäre auch nicht niedriger als Mitte der 1980er Jahre (1984: 705 Mio. Einw.), die Einwohnerzahl 2100 entspräche etwa dem Stand Mitte der 1960er Jahre (1967: 645 Mio. Einw.).

 


Ein ganz anderes Problem ist die Alterung der Gesellschaft, ein kompliziertes Thema, auf das hier jedoch nur am Rande - am Beispiel Deutschlands - eingegangen werden kann. Zuwanderer jüngeren Alters haben einen leichten Verjüngungseffekt auf die Gesamtgesellschaft, sind aber kein Ersatz für Neugeborene und können die Alterung der Gesellschaft nicht verhindern. Vgl. auch Statistisches Bundesamt zur demografischen Entwicklung in Deutschland: "Die aktuelle hohe Zuwanderung hat nur sehr eingeschränkte Auswirkungen auf die langfristige Bevölkerungsentwicklung. Sie schlägt sich vor allem im kurzfristigen Anstieg der Bevölkerungszahl nieder. Der Trend zur zunehmenden Alterung der Bevölkerung kann dadurch nicht umgekehrt werden" (Destatis in einer Pressemitteilung vom 20.01.2016).

Es ist bedauerlich, dass solche klaren Statements (einer oberen Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums) in der Einwanderungsdebatte völlig untergehen, vielleicht auch bewusst totgeschwiegen werden.

Auch Berechnungen der Vereinten Nationen zur Replacement Migration aus dem Jahre 2001 haben gezeigt, wie unrealistisch hoch die Einwanderung in Deutschland sein müsste, um beispielsweise das Zahlenverhältnis zwischen den Personen im Erwerbsalter und denen im Rentenalter (potential support ratio) aufrechtzuerhalten.

Um die "potential support ratio" (vom damaligen Zeitpunkt aus betrachtet) auf dem Stand von 1995 zu halten, wären bis 2050 mehr als 188 Mio. Netto-Zuwanderer erforderlich. Die Konsequenz wäre ein Bevölkerungsanstieg auf beinahe 300 Millionen bis zum Jahr 2050: "Scenario VI keeps the potential support ratio constant at its 1995 level of 4.4 until 2050. The total of immigrants needed between 1995 and 2050 to keep this ratio constant would be 188.5 million, which is an average of 3.4 million migrants per year. In 2050 the total population would be 299 million, of which 80 per cent would be post-1995 migrants and their descendants" (UN 2001: Replacement Migration: Is It a Solution to Declining and Ageing Populations? / Germany).

Ein anderes UN-Szenario (scenario V) zielte nur darauf ab, die "potential support ratio" nicht unter 3.0 absinken zu lassen. (Im Klartext: Die Altersgruppe 15-64 sollte mindestens dreimal so groß bleiben wie die Altersgruppe 65+ oder vereinfacht ausgedrückt: wenigstens drei Erwerbstätige pro Rentner, rein demografisch gesehen). Dies wird im Zeitraum 2015 bis 2035 problematisch. Um mit Einwanderung dagegenzuhalten, würden in dieser Zeit über 40 Millionen Netto-Zuwanderer gebraucht. Bis 2035 stiege die Einwohnerzahl auf rund 115 Millionen (Replacement Migration, Annex Tables).

Ein solcher Zuwachs - in 20 Jahren - entspräche etwa der gesamten heutigen Bevölkerung Kanadas und wäre schon im Hinblick auf die Flächeninanspruchnahme ein Unding. Deutschland verbraucht sowieso schon zu viel Land (vgl. Zeit, 13.03.2015).

In einem weiteren UN-Szenario (scenario III) wurde errechnet, wie viele Netto-Migranten erforderlich wären, um die Bevölkerung Deutschlands bis 2050 konstant zu halten. Dabei kam man auf 17,8 Mio., verteilt auf den Zeitraum 1995 bis 2050, im Durchschnitt 324.000 pro Jahr (anfangs weniger, später mehr). Dabei würde jedoch die "potential support ratio" von 4,4 auf 2,3 absinken.

In Szenario IV sollte die Altersgruppe 15-64 konstant bleiben (bei 55,8 Mio. wie im Jahr 1995). Dazu wären von 1995 bis 2050 durchschnittlich 458.000 Netto-Zuwanderer pro Jahr erforderlich. Die Einwohnerzahl würde bis 2035 auf 93 Mio. ansteigen, die "potential support ratio" jedoch auf 2,4 absinken (a.a.O.  /  Annex Tables).

In den aktuellen World Population Prospects (2015 Revision) geben die UN für Deutschland im Jahr 2015  53,152 Mio. Personen in der Altersgruppe 15-64 und 17,139 Mio. in der Altersgruppe 65+ an. Daraus errechnet sich eine "potential support ratio" von 3,1. Das passt sehr gut zum Szenario V (s. o), obwohl diese (2001 veröffentlichte) Rechnung schon einige Jahre auf dem Buckel hat.

Im Übrigen sollte man solche Indikatoren nicht zu hoch bewerten. Ginge es allein um das Zahlenverhältnis der Altersgruppen 15-64 und 65+, müsste Afrika ein wahres Rentnerparadies sein mit einer "potential support ratio" von über 20 (nachzurechnen mit Zahlen auf InStatis).

Hinweis: Der Kehrwert der potential support ratio, mal 100, ergibt den sogenannten Altenquotienten, wie ihn auch das Statistische Bundesamt verwendet - dasselbe in Grün. Wenn z. B. 3 Personen im Erwerbsalter auf 1 Person im Rentenalter kommen (potential support ratio), entspricht das 33,3 Personen im Rentenalter auf 100 Personen im Erwerbsalter (Altenquotient).

Soweit ein kleiner Exkurs zur demografischen Alterung.


 

In o. a. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes heißt es auch: "Sonderentwicklungen und unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Krisen, Umweltkatastrophen und ihre Folgen können bei den Annahmen zu einer Bevölkerungsvorausberechnung nicht berücksichtigt werden. Die im Jahr 2015 rapide angestiegene Zuwanderung Schutzsuchender ist eine solche Sonderentwicklung. Gegenwärtig kann sie in einer Vorausberechnung noch nicht adäquat berücksichtigt werden."

Das kann man natürlich genauso wenig von den Bevölkerungsstatistikern der Vereinten Nationen erwarten, auf die sich die Angaben dieser Webseite hauptsächlich stützen. Gegenüber den (sehr zurückhaltenden) Migrationsannahmen ist also besondere Skepsis angebracht, zumal das UN-Flüchtlingshilfswerk 2015 warnte: "Knapp 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Kriegen, Konflikten und Verfolgung. Dies ist die höchste Zahl, die jemals von UNHCR verzeichnet wurde, und sie wächst rasant ..."

So wie ja auch die Weltbevölkerung rasant wächst - schon seit Jahrzehnten, zumindest außerhalb Europas. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam in kurzen Abständen eine nach der anderen Milliarde dazu. Vielleicht haben wir uns zu sehr daran gewöhnt. 1950 hatte die Welt 2,5 Milliarden Einwohner, 1960 waren es drei Milliarden, 1975 vier, 1987 fünf, 1999 sechs und 2011 sieben Milliarden. 2024 soll die achte Milliarde voll sein. Dazu noch folgende Tabelle:

Die Welt und Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Weltbevölkerung Einwohner Europas Anteil Europas an
der Weltbevölkerung
Weltbevölkerung
ohne Europa
1950 2.525.149 549.089 21,7 Prozent 1.976.060
1960 3.018.344 605.619 20,1 Prozent 2.412.725
1975 4.061.399 677.318 16,7 Prozent 3.384.081
1987 5.033.805 713.528 14,2 Prozent 4.320.277
1999 6.049.205 726.643 12,0 Prozent 5.322.562
2011 7.013.427 736.316 10,5 Prozent 6.277.111
2015 7.349.472 738.442 10,0 Prozent 6.611.030
2024 8.067.008 738.640 9,2 Prozent 7.328.368

Hätte Europa mit dem Wachstum der übrigen Welt (+ 235 %) Schritt gehalten, lebten heute auf unserem kleinen Kontinent mehr als 1,8 Milliarden Menschen. Deutschland (1950 BRD + DDR = 69,8 Mio.) hätte heute (2015) weit über 230 Millionen Einwohner und eine Bevölkerungsdichte von über 650 Einwohnern je Quadratkilometer. Eine absurde Vorstellung. Und jegliche Einwanderung nach Deutschland und Europa wäre noch absurder.



Die nächsten zehn Jahre:
Globaler Kurzüberblick
für den Projektionszeitraum von (Mitte) 2015 bis (Mitte) 2025:

Im Hinterkopf behaltend, dass demografische Alterung auf längere Sicht nicht durch Immigration kompensiert werden kann, blicken wir auf die nächsten zehn Jahre und vergleichen Europa mit der übrigen Welt und ihrem unerschöpflichen Potenzial an Migranten (Arbeitsmigranten, "Wirtschaftsflüchtlinge" und Schutzsuchende aller Art, vor allem aus Bürgerkriegsgebieten). Dabei sind aber die klassischen und aktuellen Einwanderungsländer USA, Kanada, Australien und Neuseeland zu beachten, weshalb wir aus Nordamerika und Ozeanien eine besondere Kategorie bilden. Den verbleibenden "Rest der Welt" bilden Asien, Afrika und Lateinamerika mit etwa 85 Prozent der Weltbevölkerung (2015).

Indem man die Bewegungsdaten und Salden in den Tabellen durch zehn teilt, hat man wie gesagt einen groben Orientierungswert pro Jahr (in Tausend).

Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 738.442   2015 - 2025 76.005 85.024 − 9.019 + 8.667 − 352
2025 738.090    

Nordamerika und Ozeanien [im Wesentlichen USA, Kanada, Australien und Neuseeland]
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 397.169   2015 - 2025 52.477 34.263 + 18.214 + 13.683 + 31.896
2025 429.065    

(Von der angegebenen Netto-Zuwanderung von rund 13,7 Mio. in zehn Jahren entfallen 12,1 Mio. auf Nordamerika, allein auf die USA 10,0 Mio.)

Asien, Afrika, Lateinamerika mit Karibik (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 6.213.861   2015 - 2025 1.270.515 487.522 + 782.993 − 22.350 + 760.645
2025 6.974.506    

(Von der angegebenen Netto-Abwanderung von rund 22,4 Mio. in zehn Jahren entfallen 14,2 Mio. auf Asien, 4,6 Mio. auf Afrika und 3,6 Mio. auf Lateinamerika.)

Der Vollständigkeit halber noch die Zahlen für die Welt insgesamt:

Welt (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 7.349.472   2015 - 2025 1.398.997 606.809 + 792.189 0 + 792.189
2025 8.141.661    

 

Auf ein einzelnes Jahr umgerechnet, beträgt der Geburtenüberschuss der "Trikontinentalen" (eine etwas antiquierte und eher linkspolitisch-agitatorisch benutzte Bezeichnung aus Che Guevaras Tagen für Asien, Afrika und Lateinamerika) rund 78 Millionen, das macht etwa 215.000 pro Tag. Damit ist rein rechnerisch das europäische "Geburtendefizit" in Höhe von rund 900.000 pro Jahr innerhalb von vier Tagen (und ein paar Stunden) auszugleichen.
Vom Jahresüberschuss der drei Kontinente braucht es dazu nicht sehr viel mehr als 1 Prozent. (Weiter unten folgt noch eine Liste der Länder mit den höchsten Geburtenüberschüssen.)

Eine weitere Relation: Das europäische Geburtendefizit (rund 900.000 pro Jahr) entspricht etwa 0,1 bis 0,2 Promille der Gesamtbevölkerung der drei Kontinente und kann damit ausgeglichen werden. Anders gesagt: Von 10.000 Bewohnern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas brauchen nur ein bis zwei Personen pro Jahr nach Europa auszuwandern, um die geburtenschwache europäische Gesamtbevölkerung im Zeitraum 2015 bis 2025 konstant zu halten. (Dabei sind der Norden und Westen Europas mit Ausnahme Deutschlands gar nicht so geburtenschwach, wie weiter unten noch zu zeigen sein wird.)

Dass aber erheblich mehr Migranten nach Europa streben werden, ist absehbar. Die Apologeten einer in die Welt ausstrahlenden Willkommenskultur müssen begreifen, was für ein Riesenfass sie damit aufmachen.

Zwei simple Überlegungen (mit denen jedoch die UN-Demografen nichts zu tun haben):
Würden Asien, Afrika und Lateinamerika 5 Prozent ihrer Geburtenüberschüsse an Europa abgeben, wären das etwa vier Millionen Menschen jährlich (gegenüber einer angenommenen Netto-Zuwanderung unter einer Million in der UN-Projektion).
Würde sich pro Jahr jeder tausendste Einwohner (1 Promille) der drei Kontinente auf den Weg nach Europa machen, wären das sechs bis sieben Millionen Menschen. (Die drei Kontinente würden diesen "Verlust" allerdings in nur einem Monat durch "natürliches Bevölkerungswachstum" (Geburtenüberschüsse) wieder ausgleichen.

Im Falle Syriens ist infolge des Bürgerkriegs schon mehr als jeder Fünfte (!) außer Landes geflohen. Die meisten kamen in der Nahost-Region unter, aber viele zogen weiter nach Europa.
2015 wurden nach Angaben des BAMF allein in Deutschland über 428.000 Syrer im EASY-System registriert [EASY steht für Erstverteilung ASYlbegehrende]. Gemessen an der Einwohnerzahl Syriens vor dem Bürgerkrieg (über 20 Millionen) war das etwa jeder Fünfzigste (!). In nur einem Jahr! (Gottlob nur aus einem relativ kleinen Land.)

 


Methodisch unterscheiden die UN-Demografen Flüchtlingsströme von der übrigen internationalen Migration und nehmen in der Regel an, dass Flüchtlinge nach spätestens fünf bis zehn Jahren in ihr Heimatland zurückkehren: "Regarding the movements of refugees, it was assumed in general that refuges return to their country of origin within one or two projection periods, i.e., within 5 to 10 years" (Methodology of the UN Population Estimates and Projections).

Für einen großen Teil der Fluchtbewegungen auf der Welt mag das ja zutreffen. In der Vergangenheit sind zum Beispiel viele Afghanen vor den Taliban nach Pakistan geflohen und später nach Afghanistan zurückgekehrt. Andere aber warten - schon seit Jahrzehnten, mit Kindern und Kindeskindern - vergeblich auf ein Möglichkeit zur Rückkehr, so mehr als fünf Millionen (!) palästinensische Flüchtlinge, für die eines der größten Hilfswerke der Vereinten Nationen geschaffen wurde: UNRWA. Wieder andere denken gar nicht an Rückkehr und man kann davon ausgehen, dass dies für die allermeisten gilt, die heute mithilfe von teuer bezahlten Schleppern gezielt Deutschland u. a. europäische Länder ansteuern. Und auch von deutscher Seite wird der Flüchtlingsschutz sehr bereitwillig - vielleicht allzu bereitwillig - mit dem Gedanken an eine dauerhafte Integration verknüpft. Das war nicht immer so. Bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge, die in den 1990er Jahren Zuflucht in Deutschland fanden, wurden später auch gerne wieder verabschiedet, nachdem UNHCR einen generellen Schutz nicht mehr für erforderlich hielt (s. Bundestagsdrucksache 13/7111 vom 27.02.1997 / Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen).

Was die übrige Migration betrifft (etwa Arbeitsmigration), orientieren sich die UN-Demografen vor allem am gegenwärtigen Level. Die länderspezifische Migrationspolitik sowie Schätzungen zur illegalen Migration werden auch berücksichtigt. "For any given country, a distinction was made between international migration flows and the movement of refugees. For international migration, it was assumed that recent levels, if stable, would continue until 2045-2050. The government’s views on international migration as well as estimates of undocumented and irregular migration flows affecting a country were also considered" (Methodology of the UN Population Estimates and Projections).

Die Netto-Migration (ein Saldo) zeigt natürlich nicht das gesamte Ausmaß der Zu- und Abwanderung. "It does not provide an indication about the number of immigrants and emigrants involved. In an extreme case, immigration and emigration for a country could be significant, but if the number of immigrants were equal to the number of emigrants, net migration would amount to zero." Im Extremfall können sich hohe (Brutto-)Zu- und Abwanderung aufheben und null Netto-Migration ergeben.



Länderbeispiele:  (Syrien, Türkei, Afghanistan, Irak, Niger, Kongo, Indien, China, Nigeria, USA, Mexiko, Japan)

(Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Zeitraum 2015 bis 2025. Immer mit angegeben ist der Bevölkerungsstand von 1950 und die Langzeitprojektion für 2050.)


Syrien hatte im Jahr 1950 (nach UN-Angaben) 3,4 Millionen Einwohner und steigerte seine Bevölkerung bis 2010 auf das Sechsfache!

Im Zuge des 2011 ausgebrochenen Bürgerkriegs kam es zu einer fluchtartigen Nettoabwanderung von mehr als 4 Millionen Bürgern. Trotzdem soll Syrien im Fünfjahreszeitraum 2010-2015 ungeachtet der Zustände im Lande noch einen Geburtenüberschuss von 1,8 Millionen hervorgebracht haben, also etwa 360.000 pro Jahr, was mehr als ausreichend wäre, um rein rechnerisch das häufig beklagte Geburtendefizit Deutschlands auszugleichen. (Dieses betrug 2015 circa 200.000.)

Syrien (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 3.413    
2010 20.271   2010 - 2015 2.362 550 + 1.812 − 4.030 − 2.219
2015 18.502   2015 - 2025 4.505 1.168 + 3.337 + 3.721 + 7.057
2025 25.559   2025 - 2030 2.617 730 + 1.887 + 1.201 + 3.088
2030 28.647    
2050 34.902    

Wie schon gesagt, wurden 2015 allein in Deutschland mehr als 428.000 Syrer im EASY-System des BAMF registriert. Im ersten Halbjahr 2016 waren es rund 75.000. (Der erhebliche Rückgang ist vor allem auf die Schließung der sogenannten Westbalkanroute im März zurückzuführen.) Bis zum Ende des Jahres wird auch mit einem Familiennachzug von 500.000 Syrern nach Deutschland gerechnet (Süddeutsche Zeitung vom 08.06.2016).

Für die kommenden Jahre aber rechnen die UN - was heute noch völlig paradox erscheint - mit einer starken Zuwanderung nach Syrien (im Wesentlichen zurückkehrende Flüchtlinge einschließlich ihrer zwischenzeitlich geborenen Kinder - ob das wirklich so oder so ähnlich kommt, weiß natürlich niemand.) Dass die Kombination von hohen Geburtenüberschüssen und starker Rückwanderung in dem ruinierten Land eine besondere Herausforderung wäre, liegt auf der Hand. Man denke nur an den Wohnungsbau oder - ganz wichtig - das Schulsystem.

Dabei ist Syrien bis heute ein gar nicht so unbedeutendes Refugium nichtsyrischer Flüchtlinge, das gilt zumindest für etwa eine halbe Million palästinensische Flüchtlinge (so der Stand Anfang 2015 nach einer Schätzung von UNRWA), die wenig Aussicht haben, jemals nach Palästina zurückzukehren und somit dauerhaft zur Bevölkerung Syriens gehören werden - soweit sie der Bürgerkrieg nicht woandershin verschlägt.

Viele sind schon in Deutschland. Mit der großen Flüchtlingswelle 2015 kamen auch "Tausende Palästinenser, die aus den Flüchtlingslagern in Syrien, Libanon oder Irak stammen. Ihre Flüchtlingslager wie Yarmouk, Khan Elsheeh, Nierat oder Deraa sind zum größten Teil zerstört worden. Jetzt sind sie in Deutschland." (Deutscher Koordinationskreis Palästina Israel).

 

Vielfältig in Flüchtlingsbewegungen und sonstige Migration involviert ist die Türkei. Im Migrationssaldo kommt das nur sehr unvollständig zum Ausdruck, aber man erkennt darin die Fluchtbewegungen aus dem Nachbarland Syrien (nach dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg) und die optimistische Annahme einer Rückkehrbewegung in den nächsten Jahren.

Im Übrigen hat die noch relativ jugendlich strukturierte Türkei (2015 ist die Hälfte der Bevölkerung unter 30) auch kräftiges natürliches Bevölkerungswachstum, obwohl die durchschnittliche Geburtenhäufigkeit (vernünftigerweise) schon auf etwa zwei Kinder zurückgegangen ist.

Türkei (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 21.238    
2010 72.310   2010 - 2015 6.518 2.162 + 4.356 + 2.000 + 6.356
2015 78.666   2015 - 2025 12.414 4.798 + 7.616 − 1.420 + 6.196
2025 84.862    
2050 95.189    

Einige Nebenangaben: Von 1950 bis 2015 stieg die Einwohnerzahl der Türkei auf mehr als das Dreieinhalbfache! Istanbul hat heute etwa viermal so viel Einwohner wie Berlin (auf etwa der sechsfachen Stadtfläche). Millionen von türkischen Staatsangehörigen wohnen im Ausland und werden statistisch zur Bevölkerung ihrer Aufenthaltsländer gezählt. So sind zum Beispiel in der Einwohnerzahl Deutschlands rund 1,5 Millionen Türken enthalten (ohne diejenigen mit doppelter Staatsangehörigkeit).

1961 unterzeichneten die Bundesrepublik und die Türkei einen Vertrag über die Anwerbung von Gastarbeitern. Als nach der Ölkrise von 1973 die Arbeitslosigkeit in Deutschland stieg, wurde die Anwerbung von der Regierung Schmidt gestoppt (wenngleich der Familiennachzug weiterging). Der inzwischen verstorbene Altkanzler erinnerte sich noch an die Worte eines türkischen Staatsmanns, der zu ihm gesagt hatte: "Wissen Sie, Herr Schmidt, bis zum Ende des Jahrhunderts müssen wir noch zehn Millionen Türken nach BRD exportieren, wir haben zu viele Menschen" (Die Zeit vom 20.10.2011).

Präsident Erdogan vereinnahmt heute die Auslandstürken als türkische Macht im Ausland. Auf Wahlkampftour in Deutschland begrüßte er seine jubelnden Anhänger mit den Worten: "Ihr seid für uns nicht Gastarbeiter, sondern unsere Stärke im Ausland" (FAZ, 10.05.2015).
Seine Empfehlung, jede Türkin bzw. jedes Elternpaar solle wieder drei Kinder bekommen, ist auch keine gute Idee, denn das bedeutet ja im Prinzip, dass die Bevölkerung der Türkei (bei niedriger Kindersterblichkeit) von einer Generation auf die nächste um etwa 50 % wächst. Und das brauchen weder die Türkei noch Europa.

(Dabei ist natürlich gegen einzelne kinderreiche Familien - egal ob in der Türkei oder in Deutschland oder sonstwo - überhaupt nichts einzuwenden. Wir reden hier von Durchschnittswerten und demografischen Parametern, die allerdings gravierende Folgen haben.)

 

Ein großes Hin und Her von Flüchtlingen prägte die demografische Entwicklung Afghanistans in den letzten Jahrzehnten, hier ausnahmsweise in 5-Jahres-Zeiträumen wiedergegeben (wie in den zugrunde liegenden Originaltabellen der UN).

Afghanistan (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1970 11.121   1970 - 1975 3.045 1.563 1.482 − 20 1.462
1975 12.583   1975 - 1980 3.276 1.531 1.745 − 1.117 628
1980 13.211   1980 - 1985 3.123 1.286 1.837 − 3.418 − 1.581
1985 11.630   1985 - 1990 2.938 1.017 1.921 − 1.484 438
1990 12.068   1990 - 1995 3.506 1.028 2.478 + 2.227 4.705
1995 16.773   1995 - 2000 4.478 1.169 3.309 − 379 2.929
2000 19.702   2000 - 2005 5.159 1.265 3.894 + 804 4.698
2005 24.400   2005 - 2010 5.539 1.299 4.240 − 677 3.562
2010 27.962   2010 - 2015 5.386 1.294 4.092 + 473 4.565
2015 32.527              

Besonders augenfällig: die Jahre nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee (1979) und nach deren Abzug (1989). (In der Zwischenzeit unterstützten die Amis den militärischen Widerstand der afghanischen "Mudschahedin" - und zogen dabei "Gotteskrieger" groß, die ihnen später als "Taliban" gewaltige Probleme bereiteten und Afghanistan nicht zur Ruhe kommen ließen.)

Erstaunlich, ja geradezu unheimlich, wie gleichgültig das afghanische Bevölkerungswachstum über Krieg, Bürgerkrieg und Terror mit all dem Blutvergießen und individuellem Leid hinweggegangen ist! - Fertilität contra Mortalität!

Dass dabei ausgerechnet die Frauen und Mütter am wenigsten mitbestimmen konnten, wie in solchen Kulturen üblich, ist ein Kernpunkt der ganzen Problematik, kann hier aber nicht weiter vertieft werden. Siehe stattdessen Unicef_Foto 2007 mit einem 40-jährigen Bräutigam und seiner 11-jährigen "Braut". In Europa wäre sowas schlichtweg Kindesmissbrauch.

Ausblick auf den Zehnjahreszeitraum 2015 bis 2025 mit Bevölkerungsstand von 1950 und 2050:

Afghanistan (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 7.752    
2015 32.527   2015 - 2025 10.809 2.668 + 8.141 − 471 + 7.670
2025 40.197    
2050 55.955    

Für den Zeitraum von 2015 bis 2025 wird eine Netto-Abwanderung von beinahe einer halben Million angenommen, das sind annähernd 50.000 pro Jahr. Allerdings wurden (nach Angaben des BAMF) allein im Jahr 2015 nur in Deutschland weit über 150.000 Afghanen als Asylbegehrende im EASY-System registriert. Im ersten Halbjahr 2016 waren es rund 39.000.

 

Der Irak hat heute gut sechsmal so viel Einwohner wie 1950 und wächst rasant weiter. Den aktuellen UN-Projektionen zufolge könnte der Irak mit seinem Geburtenüberschuss in Höhe von 11,5 Millionen im Zeitraum 2015 bis 2025 das Geburtendefizit ganz Europas (9,0 Mio.) kompensieren.

Dafür reicht den Irakern (heterogen zusammengesetzt aus Arabern und Kurden, Sunniten und Schiiten) eine durchschnittliche Geburtenhäufigkeit von gut vier Kindern pro Frau bei einer im Vergleich zu früheren Zeiten stark gesunkenen Sterblichkeit, insbesondere Kindersterblichkeit. So werden ständig viel mehr Menschen geboren, als im gleichen Zeitraum sterben, und die Bevölkerung explodiert. 2050 soll der Irak schon mehr Einwohner haben als das heutige Deutschland.

Irak (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 5.719    
2015 36.423   2015 - 2025 13.488 2.031 + 11.457 − 84 + 11.374
2025 47.797    
2050 83.652    

Für den Zeitraum von 2015 bis 2025 wird eine Netto-Abwanderung von 84.000 Personen angenommen, also weit unter 10.000 pro Jahr. Allerdings wurden (nach Angaben des BAMF) allein im Jahr 2015 allein in Deutschland über 120.000 Iraker als Asylbegehrende im EASY-System des BAMF registriert. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 38.000.

 

Auch das natürliche Bevölkerungswachstum des Niger soll im Vergleichszeitraum 2015 bis 2025 höher sein als der Bevölkerungsschwund Europas. Mit einer Fertilität von 7,5 Kindern pro Frau ist der Niger "Weltspitze".

Niger (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 2.560    
2015 19.899   2015 - 2025 11.703 1.900 + 9.803 − 56 + 9.746
2025 29.645    
2050 72.238    

Die ganz langfristigen demografischen Rechenergebnisse sind so absurd, dass sie eigentlich nur eines zeigen: Im Niger fährt das Bevölkerungswachstum voll gegen die Wand! Fraglich ist allerdings, ob diese unausgesprochene Botschaft verstanden wird. Jedenfalls wird der Niger, der im Jahr 1950 (damals noch französische Kolonie) erst 2,6 Mio. Einwohner hatte, im Jahr 2100 keine 209 Mio. Einwohner haben wie in der demografischen Modellrechnung. Auch 72 Mio. im Jahr 2050 sind kaum vorstellbar.

Chaos im Niger mit seinen großen Uran-Vorkommen, aus denen sich die französische Atomindustrie bedient, würde die Energieversorgung Frankreichs gefährden (siehe auch Manager Magazin, 28.01.2013), und seine wichtigsten außenwirtschaftlichen Partner wären mitbetroffen. Die Franzosen würden alles tun, um sich nicht die nukleare Butter vom Brot nehmen zu lassen, und notfalls internationale Unterstützung einfordern. Ein Engagement der Bundeswehr in Mali (im Rahmen der UN-Mission MINUSMA) haben sie bereits vorsorglich erreicht - und die Grenze zwischen Mali und dem Niger ist eigentlich nicht mehr als eine gedachte Linie in der Wüste.

 

Immer wieder verwundern äußerst niedrige Abwanderungszahlen. Sollen wir im Ernst glauben, dass beispielsweise der Kongo (der gerade dabei ist, Deutschland demografisch zu überholen) von seinem üppigen demografischen Wachstum (2,7 Mio. pro Jahr) absolut nichts an die übrige Welt abgibt?

Kongo (Demokratische Republik) (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 12.184    
2015 77.267   2015 - 2025 35.512 8.242 + 27.269 0 + 27.269
2025 104.536    
2050 195.277    

"Die Demokratische Republik Kongo im Herzen Afrikas ist infolge andauernder (Bürger-)Kriege, Misswirtschaft, Korruption, ethnischer Konflikte, Einflussnahme von Nachbarstaaten und durch das Überspringen von Konflikten in Nachbarstaaten (z.B. Ruanda) einer der großen Krisenherde in Afrika", bemerkt die Bundeswehr, die dort 2006 mithalf, die ersten freien Wahlen seit 40 Jahren abzusichern. Nach drei "Kongokriegen" zwischen 1996 und 2009 (und auch danach immer wieder aufflammenden Kämpfen in der Kivu-Provinz) ist auch ein erneuter größerer Krieg mit entsprechenden Fluchtbewegungen nicht ausgeschlossen, wie in so vielen Teilen Afrikas und der Welt.

Doch damit können Demografen in ihren Vorausberechnungen nicht herumspekulieren, schon gar nicht, wenn sie im Dienst der Vereinten Nationen stehen, die seit 1999 mit Friedenstruppen im Land ist. "Mit mehr als 20.000 Soldaten ist die dortige Monusco-Truppe die größte ihrer Art weltweit" (UNRIC, Regionales UN-Informationszentrum für Westeuropa).

 

Nun zu zwei ganz großen demografischen Kalibern:

Von jeher war das alte Reich der Mitte das größte Land der Erde. Nach Zeiten der Demütigung durch Europäer, Amerikaner und Japaner erfand sich China 1949 neu als kommunistische Volksrepublik.

1950 zählte das Land weit über eine halbe Milliarde Einwohner. Die riesige Bevölkerung wuchs und wuchs und war buchstäblich nicht mehr satt zu kriegen. Mit der 1979 eingeführten Ein-Kind-Politik hat China die Notbremse gezogen und sein Bevölkerungswachstum stark gebremst.

Die Zahlen von Geborenen und Gestorbenen nähern sich langsam an, die Geburtenüberschüsse werden kleiner und wandeln sich allmählich in ein "Geburtendefizit", wenn man das überhaupt so nennen will.

China (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 544.113    
2015 1.376.049   2015 - 2025 148.919 107.096 + 41.823 − 3.000 + 38.823
2025 1.414.872   2025 - 2035 125.351 128.907 − 3.556 − 3.000 − 6.556
2035 1.408.316    
2050 1.348.056    

Allerdings sieht sich das Land mit einer zunehmenden Alterung konfrontiert und hat daher unlängst die Ein-Kind-Politik durch eine Zwei-Kind-Politik ersetzt. (Wenn ein Elternpaar zwei Kinder bekommt, die ihrerseits wieder Vater oder Mutter von zwei Kindern werden, bleibt eine Population tendenziell konstant. In der Demografie gilt eine totale Fertilitätsziffer von 2,1 als Bestandserhaltungsniveau.)

Vom Aussterben sind die Chinesen jedoch vorerst nicht bedroht. Lassen wir mal gedanklich die gesamte chinesische Bevölkerung in einer dreireihigen Marschordnung antreten und dann mit - sagen wir - einem Meter Abstand zwischen den Rotten (bzw. zum Vordermann oder -frau oder -kind) losmarschieren. Diese 3-reihige Marschkolonne könnte die ganze Erde umrunden, anschließend bis zum Mond weitermarschieren und noch eine Runde um den Erdtrabanten drehen - und das Ende der Kolonne befände sich immer noch in China.

Das klingt völlig verrückt, ist aber ganz leicht nachzurechnen: Erdumfang (rund 40.000 km) + mittlere Entfernung Erde-Mond (rund 384.000 km) + Mondumfang (rund 11.000 km) = 435.000 km = 435.000.000 Meter. Drei Reihen von dieser Länge ergeben zusammen 1.305.000.000 Meter = 1,3 Milliarden Meter. Pro Meter ein Chinese ergibt 1,3 Milliarden Leute - und die bringen die Chinesen tatsächlich auf.

Auf kürzeren Distanzen wird übrigens auch gerne mal in breiterer Formation marschiert, siehe YouTube-Video. (Teilweise wirkt das martialische Spektakel aber auch ein bisschen wie eine große Modenschau bzw. Werbeveranstaltung für die exportorientierte chinesische Bekleidungsindustrie [siehe 2. Video].

 

Dabei sind den Chinesen noch andere ganz dicht auf den Fersen. Schon in wenigen Jahren (d. h. um 2022) wird Indien die Volksrepublik an Einwohnern überholen, und wenn China schon zu schrumpfen beginnt, wird Indien noch lange weiterwachsen.

Indien (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 376.325    
2015 1.311.051   2015 - 2025 255.622 101.302 + 154.320 − 3.744 + 150.574
2025 1.461.625    
2050 1.705.333    

Dabei sinkt in Indien die Geburtenhäufigkeit stetig und nähert sich allmählich zwei Kindern pro Frau. Dennoch hat die Riesenbevölkerung mit ihrer jugendlichen Altersstruktur (und entsprechend vielen jungen Eltern) den höchsten Anteil am Weltbevölkerungswachstum. Der indische Zuwachs der nächsten zehn Jahre wird voraussichtlich größer sein als die Gesamtbevölkerung Russlands.

 

Immerhin werden die Geburtenüberschüsse in Indien langsam kleiner, während sie in Nigeria, dem größten Land Afrikas, immer weiter ansteigen. Dabei hat Nigeria bereits eine (für Afrika ganz untypische) durchschnittliche Bevölkerungsdichte von mehr als 200 Einwohnern je Quadratkilometer und liegt damit schon über dem westeuropäischen Gesamtdurchschnitt von 176 Einw. je km² (Deutschland etwa 230 Einw. je km²).

Den UN-Berechnungen zufolge wird Nigerias Geburtenüberschuss der nächsten zehn Jahre (rund 52 Mio.) bereits größer sein als der von China (rund 42 Mio.). Im Durchschnitt beträgt der nigerianische Zuwachs 5,2 Millionen pro Jahr. Zeitgleich sollen nur 60.000 Personen netto auswandern, also nur drei von 10.000 Nigerianern. Um mit dem eigenen Geburtenüberschuss das jährliche Geburtendefizit ganz Europas auszugleichen, bräuchte Nigeria nicht viel mehr als zwei Monate.

Nigeria (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 37.860    
2015 182.202   2015 - 2025 76.254 24.299 + 51.955 − 600 + 51.356
2025 233.558   2025 - 2050 238.479 72.050 + 166.429 − 1.480 + 164.950
2050 398.508    

Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnte Nigeria mehr Einwohner haben als die USA! (Siehe auch UN-Pressemitteilung vom 29.07.2015: "India expected to become the largest country in population size, surpassing China around 2022, while Nigeria could surpass the United States by 2050".) - Schon rein geografisch eine ziemlich abenteuerliche Vorstellung!

 

Dabei wird auch die Bevölkerung der USA noch erheblich wachsen, sowohl durch Geburten als auch durch Zuwanderung:

USA (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 157.813    
2015 321.774   2015 - 2025 41.803 28.492 + 13.311 + 10.000 + 23.311
2025 345.085   2025 - 2050 109.022 90.243 + 18.779 + 25.000 + 43.780
2050 388.865    

"Give mir your tired, your poor ..." - Berühmte Sockelinschrift unter der New Yorker Freiheitsstatue. "Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren, den elenden Unrat eurer gedrängten Küsten. Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen, hoch halt' ich mein Licht am gold’nen Tore!" - Große Worte, aber noch zeitgemäß?


Der amerikanische Publizist Roy Beck verdeutlicht (auf Basis seriöser statistischer Zahlen) mit Kaugummikugeln, wie wenig die Immigration zur Linderung der globalen Armut in einer demografisch explodierenden Welt beitragen kann: "Immigration, World Poverty and Gumballs" (YouTube-Video in Englisch).


Nach den UN-Zahlen in der Tabelle soll die Netto-Migration in die USA langfristig bei durchschnittlich einer Million pro Jahr bleiben. Innerhalb von nur zehn Jahren soll ein Wanderungsüberschuss von 10 Millionen Menschen aus aller Welt zu einem Geburtenüberschuss von über 13 Millionen dazukommen. Der Gesamtzuwachs von gut 23 Millionen Menschen entspricht in etwa der heutigen Bevölkerung Australiens oder der Stadtbevölkerung von New York City + Los Angeles + Chicago + Houston + Philadelphia + Phoenix + San Antonio + San Diego. Ein solcher Bevölkerungsanstieg wird aber keineswegs von allen US-Amerikanern gutgeheißen (und dafür gibt es auch gute Gründe, vor allem ökologische: siehe z. B. NPG = "Negative Population Growth").

Andererseits haben die USA in den letzten Jahren gerade mal 70.000 Asylsuchende pro Jahr aufgenommen. Mit Rücksicht auf die syrischen Flüchtlinge sollen es 2016 "etwas mehr" werden (Zeit, 10.09.2015). Ein altes Thema ist die illegale Einwanderung von Arbeitsmigranten. An der Grenze zum Nachbarland Mexiko baut man schon seit Jahren an Grenzbefestigungen (siehe auch Telepolis, 08.09.2015).

 

Dazu die UN-Projektion für Mexiko, in der die Netto-Abwanderung von nicht viel mehr als 110.000 Personen pro Jahr eigentlich eher harmlos wirkt. Das (an Einwohnerzahl und Geburtenüberschuss gemessene) Potenzial ist allerdings sehr viel größer.

Mexiko (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 28.013    
2015 127.017   2015 - 2025 22.705 6.686 + 16.019 − 1.114 + 14.907
2025 141.924    
2050 163.754    

Im Vergleich mit Deutschland (nach UN-Angaben 1950: 69,8 Mio., 2015: 80,7 Mio. Einwohner) sieht man, wie enorm Mexiko gewachsen ist. Positiv zu vermerken: Die Geburtenhäufigkeit ist auf etwa 2 Kinder pro Frau heruntergegangen. Langfristig steht damit ein Ende des Bevölkerungswachstums in Aussicht, aber das braucht Zeit, denn vorerst wird der große - aus dem "Kinderreichtum" der letzten Jahrzehnte herrührende - Bevölkerungsanteil junger Familiengründer auch bei mäßiger Geburtenhäufigkeit noch für weiteres Wachstum sorgen. (2015 ist die Hälfte der Bevölkerung unter 28 Jahre alt.)

 

An dieser Stelle wenigstens einmal ein großes außereuropäisches Land, das ausnahmsweise nicht wächst, sondern schrumpft, eine besonders hoch entwickelte Industrienation (mit einem größeren BIP als Deutschland), geburtenschwach und mit sehr geringer Netto-Einwanderung: Japan.

Japan (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 82.199    
2015 126.573   2015 - 2025 9.946 14.179 − 4.233 + 500 − 3.733
2025 122.840    
2050 107.411    

In Japan fürchtet man anscheinend weder Bevölkerungsrückgang noch Alterung und hält von Zuwanderung wenig - und von Asylanträgen noch weniger, obwohl das Land (zweitgrößter Beitragszahler der UN) die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und das Zusatzprotokoll von 1967 unterzeichnet hat. 2014 wurden dort 5.000 Asylanträge entgegengenommen. Im gleichen Jahr wurden 11 [in Worten: elf] bewilligt (Zeit, 04.11.2015 und Spiegel, 29.09.2015).
Menschenleere japanische Landschaften sind jedoch vorerst nicht zu befürchten.
(Schöne Grüße aus Tokio, Ortsteil Shinjuku, mit idyllischem Blick auf den Fuji.)



Die Länder mit den höchsten Geburtenüberschüssen 2015 - 2025
(über 10 Millionen in zehn Jahren oder mehr als 1 Mio. pro Jahr)

In der Tabelle mit angegeben ist der Bevölkerungsstand von 1950 sowie die Langzeitprojektion für 2050. (Wiederum alle Angaben in Tausend, es sind also drei Nullen hinzuzudenken.)

  Mitte 1950 Mitte 2015 2015 bis 2025 Mitte 2025 Mitte 2050
Land Einwohner Einwohner Geburtenüberschuss angenommene
Netto-Migration
Einwohner Einwohner
Indien 376.325 1.311.051 154.320 − 3.744 1.461.625 1.705.333
Nigeria 37.860 182.202 51.955 − 600 233.558 398.508
China 544.113 1.376.049 41.823 − 3.000 1.414.872 1.348.056
Pakistan 37.542 188.925 39.727 − 1.470 227.182 309.640
Indonesien 69.543 257.564 28.340 − 1.400 284.505 322.237
Dem. Rep. Kongo 12.184 77.267 27.270 0 104.536 195.277
Äthiopien 18.128 99.391 25.773 − 120 125.044 188.455
Bangladesch 37.895 160.996 21.265 − 3.198 179.063 202.209
Tansania 7.650 53.470 18.962 − 400 72.033 137.136
Ägypten 20.897 91.508 17.863 − 432 108.939 151.111
Philippinen 18.580 100.699 16.452 − 1.000 116.151 148.260
Mexiko 28.013 127.017 16.019 − 1.114 141.924 163.754
Brasilien 53.975 207.848 15.062 + 67 222.976 238.270
Uganda 5.158 39.032 14.765 − 300 53.497 101.873
USA 157.813 321.774 13.311 + 10.000 345.085 388.865
Kenia 6.077 46.050 12.661 − 100 58.610 95.505
Irak 5.719 36.423 11.457 − 84 47.797 83.652
Sudan 5.734 40.235 10.651 − 145 50.740 80.284

Die Geburtenüberschüsse dieser 18 Länder machen (im Zeitraum 2015 bis 2025) schon mehr als zwei Drittel des Weltbevölkerungswachstums aus, Indien allein 19,4 %, Nigeria 6,6 %. Die ganze Menschheit wächst in diesen zehn Jahren um 792 Millionen. Das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Europas.

Jedes einzelne dieser Länder wäre dabei theoretisch in der Lage, mit seinem Geburtenüberschuss das "Geburtendefizit" ganz Europas aufzuwiegen, zum Teil sogar um ein Mehrfaches. Demgegenüber erscheint die heutige Abwanderung eher gering. Diese geht auch keineswegs nur in Richtung Europa oder andere Kontinente, sondern auch in andere Länder auf dem jeweiligen Kontinent. (Man denke zum Beispiel an südasiatische Arbeitsmigranten aus Indien, Pakistan oder Bangladesch, die als billige Gastarbeiter in reiche westasiatische Ölstaaten wie Saudi-Arabien oder Katar übersiedeln.)

Land Netto-Abwanderung 2015-2025 in Relation
zum natürlichen Bevölkerungswachstum

[nach den Zahlen in obiger Tabelle]
Netto-Abwanderung 2015 in Relation
zur Gesamtbevölkerung
 (Nettomigrationsrate)

[nach originären UN-Angaben]
Indien 2,4 Prozent 0,3 Promille
Nigeria 1,2 Prozent 0,3 Promille
China 7,2 Prozent 0,2 Promille
Pakistan 3,7 Prozent 0,7 Promille
Indonesien 4,9 Prozent 0,5 Promille
Dem. Rep. Kongo 0,0 Prozent 0,0 Promille
Äthiopien 0,5 Prozent 0,1 Promille
Bangladesch 15,0 Prozent   1,9 Promille
Tansania 2,1 Prozent 0,7 Promille
Philippinen 6,1 Prozent 1,1 Promille
Mexiko 7,0 Prozent 0,8 Promille
Uganda 2,0 Prozent 0,7 Promille
Kenia 0,8 Prozent 0,2 Promille
Irak 0,7 Prozent + 0,1 Promille   
Sudan 1,4 Prozent 0,2 Promille



Kommen wir noch einmal differenzierter auf Europa zurück, wobei wir auch den Zeitraum 2025 bis 2035 berücksichtigen (mit sehr unsicheren Annahmen über die Migration):

Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 738.442   2015 - 2025 76.005 85.024 − 9.019 + 8.667 − 352
2025 738.090   2025 - 2035 69.493 88.325 − 18.832 + 8.778 − 10.053
2035 728.037    


Unterschiede innerhalb Europas:

Betrachten wir zunächst Nord- und West-Europa, das gar nicht so geburtenschwach zu sein scheint.
Welche Rolle dabei speziell das Geburtenverhalten der allochthonen Bevölkerungsgruppen spielt (man denke z. B. an Inder und Pakistani in Großbritannien oder Nordafrikaner in Frankreich) kann hier nicht untersucht werden.

Nord- und West-Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 293.152   2015 - 2025 32.185 29.284 + 2.901 + 6.337 + 9.237
2025 302.389   2025 - 2035 31.444 31.311 + 133 + 6.072 + 6.203
2035 308.592    

Für diesen Teil Europas wird also noch über einen längeren Zeitraum natürliches Bevölkerungswachstum erwartet, das ohne Deutschlands Geburtenschwäche noch höher ausfiele.

Nord- und West-Europa ohne Deutschland (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 212.463   2015 - 2025 25.207 20.077 + 5.130 + 4.837 + 9.966
2025 222.429   2025 - 2035 24.917 21.726 + 3.191 + 4.572 + 7.760
2035 230.189    

Ohne Deutschland haben Nord- und Westeuropa also noch erheblich höhere Geburtenüberschüsse, dafür weniger Zuwanderung. Das (aus Geburten und Zuwanderung resultierende) Bevölkerungswachstum der nächsten zehn Jahre beläuft sich auf knapp 10 Millionen Einwohner. Das entspricht einem Land wie Schweden oder 18 Luxemburgs.

Zahlen für Deutschland folgen etwas weiter unten. Zunächst die Angaben für das schrumpfende Süd- und Ost-Europa:

Süd- und Ost-Europa (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 445.291   2015 - 2025 43.819 55.740 − 11.921 + 2.330 − 9.591
2025 435.700   2025 - 2035 38.050 57.013 − 18.963 + 2.706 − 16.255
2035 419.445    

Das europäische Geburtendefizit ist also - abgesehen von Deutschland - eigentlich mehr ein Geburtendefizit Süd- und Ost-Europas. Die vergleichsweise niedrige Netto-Zuwanderung ist aus wirtschaftlichen Gründen verständlich. Wie in den vergangenen Jahren wird es sogar eine nicht geringe Abwanderung (Arbeits- oder sogar Armutsmigration) geben, die im o. a. (positiven) Migrationssaldo gar nicht sichtbar wird.


Gerade diese Migrationsbewegungen sind ein Reizthema in Großbritannien und Hauptargument der Brexit-Befürworter (siehe auch FAZ vom 09.06.2016: "Bleib zu Hause, Europa!").

Es war allerdings Großbritannien selbst gewesen, das (unter der "New Labour"-Regierung Blair) nach der EU-Osterweiterung 2004 seinen Arbeitsmarkt sofort für osteuropäische Arbeitsmigranten öffnete (während Deutschland immerhin die mögliche Übergangsfrist bis 2011 in Anspruch nahm). Die meiste Freude an der "Arbeitnehmerfreizügigkeit" hatten wohl die Arbeitgeber wie auch die (billigen und willigen) Arbeitnehmer aus wirtschaftsschwachen EU-Staaten, eher weniger dagegen die einheimischen Arbeitnehmer und Arbeitslosen und die breite Bevölkerung. So ist das nun mal und so kam es im Referendum im Juni 2016 zum Ausdruck, auch wenn das Ergebnis äußerst knapp und regional unterschiedlich ausfiel.
Dass es insgesamt für ein "Leave" gereicht hat, dürfte auch in hohem Maße der deutschen Regierung zu verdanken sein, die in völliger Selbstüberschätzung versucht hatte, Flüchtlingsaufnahmequoten für alle EU-Staaten durchzusetzen (für Asylsuchende, die Merkel im Alleingang eingeladen hatte). Dazu kam dann noch (wenige Wochen vor dem Referendum) der geniale Vorschlag der EU-Kommission, jede Ablehnung eines zugewiesenen Flüchtlings mit einer Viertelmillion Euro zu sanktionieren.
UK voted to leave und EU spielt beleidigte Leberwurst.



Deutschland  –  Österreich  –  Schweiz  /  demografische Entwicklung bis 2025

Deutschland (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
 
1950
BRD + DDR
69.786
   
2015 80.689   2015 - 2025 6.978 9.207 − 2.229 + 1.500 − 729
2025 79.960    

Die in den Tabellen wiedergegebenen Annahmen der Vereinten Nationen zur Migration stammen wie gesagt aus der Zeit vor der Flüchtlingswelle 2015, die insbesondere Deutschland erfasste. Eine Netto-Zuwanderung von nur 150.000 pro Jahr ist jetzt schon Makulatur. Mit einer baldigen Abnahme der Bevölkerung Deutschlands braucht auch keiner zu rechnen.

Im Übrigen betrug die Einwohnerzahl nach neueren Angaben des Statistischen Bundesamtes schon Mitte 2015 rund 81.459.000, Ende 2015 nach vorläufigen Angaben ungefähr 82 Millionen (davon über 9 Millionen Ausländer, darunter 1,5 Mio. Türken, 1,5 Mio. weitere Asiaten und annähernd eine halbe Million Afrikaner).

Gegenüber dem Zensus 2011 ist die Bevölkerung Deutschlands um etwa 1,8 Millionen gestiegen. Rein rechnerisch ist damit in weniger als fünf Jahren ein zweites Hamburg dazugekommen.

Nicht zu vergessen: Im Migrationssaldo kommt die Wanderung über die europäischen Außengrenzen mit den innereuropäischen Migrationsbewegungen zusammen. Dazu gehören nicht zuletzt Ost-West- und Süd-Nord-Bewegungen von EU-Bürgern im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit oder aus anderen Gründen. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes vom 14.07.2016 belief sich die Netto-Zuwanderung von EU-Staatsbürgern im Jahr 2015 auf 310.000 Personen (darunter rund 92.000 Rumänen, 63.000 Polen, 40.000 Bulgaren, 40.000 Kroaten, 24.000 Italiener, 20.000 Ungarn sowie auch 18.000 Deutsche, im Wesentlichen Spätaussiedler und Rückkehrer von längeren Auslandsaufenthalten).
Die gesamte Netto-Zuwanderung setzte sich zusammen aus 433.000 Europäern (darunter die o. a. EU-Bürger sowie 47.000 Albaner und 22.000 Kosovaren) und 624.000 Nicht-Europäern (darunter 298.000 Syrer, 80.000 Afghanen und 60.000 Iraker). Dazu kommen noch 82.000 Ungeklärte oder Staatenlose. Bemerkenswerterweise spielten die Türken keine Rolle, ihr Nettomigrationssaldo lag leicht unter null. Alles in allem betrug die Netto-Zuwanderung 2015 weit über 1,1 Millionen (siehe auch Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 14.07.2016).

Das Statistische Bundesamt hatte - noch vor der Flüchtlingswelle 2015 - Rechenvarianten mit 100.000, 200.000 und 300.000 Netto-Migranten ab 2016 (nach jeweils 500.000 in den Jahren 2014 und 2015) erstellt. Siehe dazu auf www.instatis.de: Zukünftige Entwicklung Deutschlands in drei Rechenvarianten.

Im Hinblick auf die Integrationsproblematik (und die innere Sicherheitslage) müssen wir aber auch die Brutto-Zuwanderung beachten. Insgesamt wanderten 2015 über 2,1 Millionen Menschen nach Deutschland ein, davon 0,9 Millionen Nichteuropäer oder keinem Staat Zuzuordnende.

 

Auch Österreich wurde bekanntlich 2015 von der Flüchtlingswelle via Balkanroute überrollt. Bundeskanzler Faymann paktierte zunächst mit der obergrenzenlosen Bundeskanzlerin Merkel, schwenkte dann aber um. Für 2016 wurde eine Aufnahmegrenze von 37.500 Personen beschlossen, mit absinkender Tendenz in den Folgejahren - bis 2019 insgesamt nicht mehr als 127.500 (Zeit, 20.01.2016).

Österreich (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 6.936    
2015 8.545   2015 - 2025 842 824 + 18 + 200 + 191
2025 8.736    

Die Schweiz ist dabei, Österreich demografisch zu überholen:

Schweiz (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 4.668    
2015 8.299   2015 - 2025 903 699 + 204 + 450 + 653
2025 8.952    

Seit 1950 ist die Bevölkerung der Schweiz fast auf das 1,8-fache angestiegen. Es klingt grotesk, aber die durchschnittliche Bevölkerungsdichte der Schweiz ist gar nicht mehr so weit entfernt von der Bevölkerungsdichte Deutschlands. Eine Organisation, die sich kritisch mit dem Bevölkerungswachstum in der Schweiz und weltweit auseinandersetzt, ist ECOPOP ("ECOlogie et POPulation").



Hier noch

Die zehn bevölkerungsreichsten Länder Europas und ihre demografische Entwicklung bis 2025

Diese Länder machen 2015 gut 78 % der europäischen Gesamtbevölkerung aus, Russland allein gut 19 %, Deutschland etwa 11 %.

1. Russland (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 143.457   2015 - 2025 16.873 20.434 − 3.561 + 1.309 − 2.252
2025 141.205    

2. Deutschland (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 80.689   2015 - 2025 6.978 9.207 − 2.229 + 1.500 − 729
2025 79.960    

Wie schon gesagt, ist die angenommene Netto-Zuwanderung von durchschnittlich 150.000 Personen pro Jahr nach dem enormen Zustrom von Flüchtlingen im Jahr 2015 nicht mehr realistisch, und die Bevölkerung 2025 wird bestimmt nicht geringer sein als die Bevölkerung 2015. Gegen Ende des Jahres 2015 betrug die Einwohnerzahl schon ungefähr 82 Millionen (genauere Angaben stehen noch aus).

3. Großbritannien und Nordirland (UK) (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 64.716   2015 - 2025 8.133 6.072 + 2.061 + 1.751 + 3.811
2025 68.527    

Das demnach zu erwartende (geburten- und zuwanderungsbedingte) Bevölkerungswachstum von 3,8 Millionen in zehn Jahren entspricht nach Personenzahl gut zwei Dritteln von Schottland. Dieses Wachstum wird aber hauptsächlich im bereits äußerst dicht bevölkerten England stattfinden, wo mehr als vier Fünftel aller Briten leben.

(Nach Angaben des britischen Office for National Statistics hatte das Vereinigte Königreich Mitte 2015 rund 65,1 Millionen Einwohner, davon entfielen auf England 54,8 Mio. [84 %], auf Schottland 5,4 Mio., auf Wales 3,1 Mio. und auf Nordirland 1,9 Mio.)

Mit kritischer Einstellung zur Einwanderung: MigrationWatchUK.

4. Frankreich (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 64.395   2015 - 2025 7.721 6.020 + 1.701 + 800 + 2.501
2025 66.896    

Ein (geburten- und zuwanderungsbedingtes) Bevölkerungswachstum von 2,5 Millionen Menschen in zehn Jahren bedeutet rein rechnerisch ein zweites Paris. (Die Stadt Paris zählt etwa 2,2 Millionen Einwohner, die gesamte Metropolregion ist noch um Vielfaches größer).

5. Italien (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 59.798   2015 - 2025 4.882 6.250 − 1.368 + 1.056 − 312
2025 59.486    

Im vorigen Jahrzehnt (2000-2010) hatte Italien eine weit stärkere Netto-Zuwanderung in Höhe von 2,6 Millionen Personen.

In Spanien war die Zuwanderung so extrem hoch, dass wir diese Jahre in die folgende Tabelle mit aufnehmen:

6. Spanien (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2000 40.750   2000 - 2010 4.572 3.800 + 772 + 5.079 + 5.851
2010 46.601   2010 - 2015 2.155 2.042 + 113 − 593 − 479
2015 46.122   2015 - 2025 3.805 4.305 − 500 + 473 − 27
2025 46.095    

Von 2000 bis 2010 stieg die Bevölkerung Spaniens um fast sechs Millionen. Das entspricht etwa der heutigen Einwohnerzahl von Madrid (fast so groß wie Berlin), Barcelona (fast so groß wie Hamburg) und Valencia (etwas größer als Frankfurt).

Der weitaus größte Teil dieses Bevölkerungswachstums kam durch rund fünf Millionen Netto-Zuwanderer zustande. Rechnerisch kam damit auf nur acht Alteingesessene ein Neuankömmling. Im Wesentlichen handelte es sich dabei nicht etwa um Flüchtlinge, sondern um Arbeitsmigranten, viele davon aus dem spanischsprachigen, kulturverwandten Lateinamerika. Der vorübergehend boomende spanische Arbeitsmarkt hatte sich damit jedoch total übernommen. Noch mehr als viele andere Länder in Europa leidet Spanien heute unter extremer Arbeitslosigkeit. (Siehe dazu auch Die Welt v. 21.10.2012: "Keine Jobs mehr - Einwanderer fliehen aus Spanien".)

Geradezu verrückt erscheint der Bevölkerungsanstieg auch im Hinblick auf den chronischen Wassermangel des Landes. Die Verteilung des Wassers aus den Stauseen hat bereits zu politischen Streitigkeiten geführt. Spanische Medien sprechen vom "guerra del agua" = Krieg ums Wasser (Telepolis, 20.08.2015).

7. Ukraine (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 44.824   2015 - 2025 4.503 6.873 − 2.370 − 80 − 2.451
2025 42.373    

8. Polen (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 38.612   2015 - 2025 3.463 4.075 − 612 − 76 − 688
2025 37.924    

Ein ausgesprochenes Abwanderungsland ist seit Langem Rumänien. (In der nachkommunistischen Zeit verließen besonders viele Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma das Land.)

9. Rumänien (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1990 23.489   1990 - 2015 5.569 6.614 − 1.045 − 2.931 − 3.978
2015 19.511   2015 - 2025 1.666 2.621 − 955 − 328 − 1.282
2025 18.229    

Ganz im Gegensatz dazu ein etwa gleich großes Nachbarland im Nordwesten:

10. Niederlande (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
2015 16.925   2015 - 2025 1.815 1.542 + 273 + 220 + 493
2025 17.418    

Geburtenüberschuss und Migrationsüberschuss, obwohl die Niederlande - ungeachtet ihres idyllischen Windmühlenimages - eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Erde sind. In Europa rangieren sie in puncto Bevölkerungsdichte vor Belgien, Großbritannien und Deutschland (siehe dazu auch Satellitenfoto unten).

 


Schlussgedanken und Ergänzungen

Die Rheinachse mit ihrer Fortsetzung Richtung England und Norditalien gehört zu den extremsten Verdichtungsräumen der Erde (siehe auch Diercke).

Earthlights 2002
Oben: Foto auf Wikipedia mit einigen demografischen Angaben zur Europäischen Union.
(Anmerkung: Die Lichter in der Nordsee stammen hauptsächlich von Öl- und Gas-
Bohrplattformen, vgl. auch Greenpeace-Karte "Industriegebiet Nordsee".)
  Siehe auch jüngeres
 Hemisphären-Foto der NASA 

(durch Anklicken vergrößerbar).

 

Auf den hohen Landverbrauch in Deutschland wurde weiter oben schon kurz hingewiesen. "Das Ziel der Bundesregierung, den täglichen Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar zu reduzieren, rückt offenbar in weite Ferne. (...) Ab dem Jahr 2015 dürfte die Flächeninanspruchnahme vielmehr bei täglich rund 63 Hektar ‘verharren’, so das amtliche Eingeständnis; auch bis zum Jahr 2025 dürften sich ‘kaum weitere Reduktionen ergeben’, heißt es in der Antwort der Regierung auf die Grünen-Anfrage" (Die Zeit, 13.03.2015). Das wird bei einer starken Zunahme der Bevölkerung und damit der Bevölkerungsdichte bestimmt nicht besser.

In der deutschen Zuwanderungsdebatte spielt Bevölkerungsdichte jedoch eigenartigerweise keine Rolle, egal, ob es um Asylbegehrende oder Arbeitsmigranten geht. Oft wird die Größe der bereits vorhandenen Bevölkerung sogar als Indiz oder Beleg für eine hohe Aufnahmekapazität herangezogen, so zum Beispiel bei der Verteilung der Asylbewerber auf die deutschen Bundesländer nach dem "Königsteiner Schlüssel", weshalb ausgerechnet das schon überaus dicht bevölkerte Nordrhein-Westfalen (mit mehr Einwohnern als die Niederlande auf noch kleinerer Fläche) die meisten Asylsuchenden aufzunehmen hat.

Anscheinend gilt hier ein höchst fragwürdiges Prinzip: Wo schon viele sind, können auch noch viele dazukommen. So ähnlich sagt das ja auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: "Ich nenne Ihnen Zahlen: Die 28 Mitgliedsstaaten haben 508 Millionen Einwohner. Verteilt man eine Million Flüchtlinge auf diese 508 Millionen Menschen, stellt das kein Problem dar" (in Euronews im Februar 2016).

Davon ließen sich jedoch die meisten Mitgliedstaaten nicht überzeugen, zumal diese Logik noch einen ganz großen Haken hat: Wenn man eine Million "problemlos" verteilt, dann ist das eine Einladung für viele weitere Millionen.

Von 2015 bis 2025 werden 1,4 Milliarden Menschen auf die Welt kommen, während nur 0,6 Milliarden diese Welt wieder verlassen. Nach den Modellrechnungen der UN-Demografen wird der globale Saldo 792 Millionen betragen, davon entfallen 783 Millionen auf Asien, Afrika und Lateinamerika. Daran hat Lateinamerika mit 65 Millionen den geringsten Anteil. 396 Millionen entfallen auf Asien und 323 Millionen auf das bitterarme Afrika.

Im Jahr 1950 betrug die gesamte afrikanische Bevölkerung erst 228 Millionen. - Nun soll sie in nur zehn Jahren von knapp 1,2 Milliarden auf gut 1,5 Milliarden steigen.

Afrika (Zahlenangaben in Tausend)
Jahr
(Mitte)
Einwohner     Zeitraum Geborene Verstorbene Saldo
Geb.-Verst.
Netto-
Migration
Bevölkerungs-
wachstum
1950 228.902    
2015 1.186.178
 Index 100 
  2015 - 2025 437.316
 37 
114.670
 10 
+ 322.646
 + 27 
− 4.611
 − 0,4 
+ 318.035
 + 27 
2025 1.504.213
 127 
   

In einem hypothetischen afrikanischen Dorf mit 100 Bewohnern (oder einer entsprechenden Gruppe von Slum-Hütten in einer Großstadt) werden in diesen zehn Jahren 37 Kinder geboren. (Einige davon werden nicht einmal 5 Jahre alt, denn obwohl die afrikanische Kindersterblichkeit schon stark zurückgegangen ist, liegt sie immer noch bei etwa 8 Prozent. 5 Prozent aller afrikanischen Kinder sterben sogar schon im ersten Lebensjahr.) Insgesamt werden in den zehn Jahren 10 Dorfbewohner aller Altersstufen zu Grabe getragen, gleichwohl steigt die Einwohnerzahl von 100 auf 127.

Ein Nebenaspekt, aber ein äußerst wichtiger: Mehr Menschen erfordern auch mehr Vieh. Mensch und Vieh bilden eine uralte (wenn auch ziemlich einseitig initiierte) Schicksalsgemeinschaft. Wehe, wenn dann eine Dürrekatastrophe übers Land kommt.

Schon nach zehn Jahren ist unser afrikanisches Dorf ist um ein gutes Viertel größer geworden. Nur drei bis vier Neugeborene pro Jahr haben das möglich gemacht, auch wenn das eine oder andere nicht lange überlebte. - Wenn Deutschland so wachsen würde, hätte es 2025 schon weit über 100 Millionen Einwohner. Rein rechnerisch würden in nur zehn Jahren ein zweites Nordrhein-Westfalen und ein zweites Berlin dazukommen. Lieber nicht!

Von unseren 127 afrikanischen Dorfbewohnern im Jahr 2025 sind übrigens 49 (fast 39 %) Kinder unter 15 Jahren. 25 weitere Dorfbewohner (über 19 %) sind ganz junge Leute im "unruhigen" Alter von 15 bis unter 25.
Etwa jeder zehnte Dorfbewohner ist ein junger Mann aus dieser Altersgruppe (und mancher träumt vielleicht von einem besseren Leben in Europa).

2015 lebten in ganz Afrika etwa 116 Millionen dieser Youngster, in Europa nur 41 Millionen (vgl. InStatis). Den UN-Projektionen zufolge verschiebt sich diese Relation bis 2025 auf 148 Mio. zu 40 Mio. und bis 2050 auf 229 Mio. zu 37 Mio.

Dabei wird von einer afrikanischen Netto-Abwanderung (aller Bevölkerungsgruppen) in die gesamte übrige Welt von weniger als einer halben Million pro Jahr ausgegangen. (Ganz schön optimistisch.)
Würde man in den demografischen Vorausberechnungen eine höhere Abwanderung veranschlagen, müsste man sie woanders als Zuwanderung verbuchen. Aber wo? (Eigentlich das gleiche Problem wie in der Realität.)

Ein Schiff der irischen Marine fischt im Juni 2015 im Mittelmeer die Insassen eines nicht sehr hochseetüchtig aussehenden, total überladenen Wasserfahrzeugs auf:
LE Eithne Operation Triton
[Foto: Irish Defence Forces / Wikipedia]
  Siehe auch  weiteres Foto 
von einer Rettungsaktion
im Rahmen der Frontex-Mission Triton
 
(LÉ Eithne der irischen Marine,
NATO-Schiffskennung P 31)
.

Was heute schon an Europas mediterranen Küsten anbrandet, ist eine undurchsichtige Mischung von Glücksuchern, die tristen Lebensverhältnissen entkommen wollen, und anderen, denen die Kugeln um die Ohren geflogen sind, die dabei Familienangehörige verloren haben und nur geflohen sind, um ihre Haut zu retten. Doch Einreisen ohne Visum oder andere Erlaubnis sind grundsätzlich unrechtmäßig und werden von der EU-Grenzschutzagentur Frontex (Akronym für "FRONTtières EXtérieures") als "illegal border crossings" erfasst.

Sofern die Voraussetzungen des Artikel 31 Absatz 1 der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt sind, gilt die unrechtmäßige Einreise als gerechtfertigt und bleibt straffrei. "Ob Art. 31 GFK auch dann vor Strafbarkeit der illegalen Einreise schützt, wenn der Asylantrag abgelehnt wird, ist umstritten. Nach dem Wortlaut der Vorschrift schützt Art. 31 GFK zwar tatsächlich nur Flüchtlinge im Sinne der GFK. Es wird aber vertreten, dass die Strafbarkeit auch bei abgelehnten Antragstellern nur in Frage kommen sollte, wenn der Asylantrag völlig unbegründet war und offensichtlich missbräuchlich gestellt wurde" (Informationsverbund Integration & Asyl). Das deutsche Aufenthaltsgesetz sieht für illegale Einreise einen Strafrahmen von einer Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsentzug vor, im Zusammenhang mit Fälschungen und Täuschungen sogar bis zu drei Jahren (§ 95 AufenthG).

Top-3-Nationalitäten bei illegalen Grenzüberquerungen über die EU-Außengrenzen im ersten Halbjahr 2016 (nach Angaben von Frontex, Juli 2016):
• auf der östlichen Mittemeer-Route (Richtung Griechenland): Migranten aus Syrien, Afghanistan, Irak
  (diese drei zusammen: über 144.000, alle Nationalitäten: fast 163.000 - Tendenz stark nachlassend aufgrund der bekannten Grenzschutzmaßnahmen auf dem Balkan)
• auf der zentralen Mittelmeer-Route (Richtung Italien): Migranten aus Nigeria, Eritrea und Gambia
  (diese drei zusammen: knapp 27.000, alle Nationalitäten: über 70.000 - davon knapp 24.000 im Monat Juni)
Anmerkung: Es gibt natürlich noch weitere Immigrationswege, nicht zuletzt auch den Luftweg. "Most of those who currently reside in the EU illegally, originally entered in possession of valid travel documents and a visa whose validity period they have since overstayed" (Frontex).

 

Überlassen wir das letzte Wort dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen:

Laut UNHCR-Bericht vom 18.06.2015 waren Ende 2014 weltweit 59,5 Millionen Menschen (im Inland oder Ausland) auf der Flucht - gegenüber 51,2 Millionen im Jahr davor.

Von Ende 2014 bis Ende 2015 stieg ihre Zahl um annähernd sechs Millionen auf 65,3 Millionen (davon 3,2 Millionen, die im Ausland Asyl suchen, und 21,3 Millionen anerkannte Asylanten mit Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention). UNHCR am 20.06.2016:
"Global forced displacement hits record high. UNHCR Global Trends report finds 65.3 million people, or one person in 113, were displaced from their homes by conflict and persecution in 2015." - Siehe auch  Video .
"Flucht und Vertreibung 2015 drastisch gestiegen."
"Gemessen an einer Weltbevölkerung von 7,349 Milliarden Menschen ist damit statistisch jeder 113. Mensch entweder asylsuchend, binnenvertrieben oder Flüchtling – ein noch nie dagewesener Höchststand."



 SEITENADRESSE:  http://www.pdwb.de/europa_weltbevoelkerungsexplosion.htm


www.pdwb.de
www.instatis.de