Bevölkerungsabnahme und Alterung
in Deutschland 2000 bis 2050


Vorbemerkung: Auf die so genannte 9. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Bundes und der Länder (herausgegeben Juli 2000), deren Ergebnisse im Folgenden dargelegt werden, folgten im Juni 2003 die 10. und im November 2006 die 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. (Siehe dazu auch Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes.)

Gleichwohl eignen sich die folgenden, älteren Ausführungen auf Basis der 9. Vorausberechnung durchaus noch als kurze Einführung in die grundsätzliche Problematik von Bevölkerungsrückgang und Alterung und die Bedeutung der Zuwanderung in diesem Zusammenhang. Mit einem Zeitabstand von mehreren Jahren werden wir weiter unten auch die tatsächliche Veränderung des Bevölkerungsstandes mit den vorausberechneten Zahlen bis 2003 vergleichen.



Zur Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis zum Jahr 2050 hat das Statistische Bundesamt Zahlen vorgelegt: die "Ergebnisse der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Bundes und der Länder" (hrsg. im Juli 2000). Zusammen mit anschaulichen Diagrammen und ausführlichen Tabellen sind diese Ergebnisse als PDF-Datei verfügbar (s. Quellenangaben unten). Einen Gesamtüberblick über die erwartete Bevölkerungsentwicklung im Falle einer langfristigen Netto-Zuwanderung von 200.000 Menschen im Jahr gibt die folgende Tabelle (die Jahreszahlen beziehen sich jeweils auf den 1.1., die Bevölkerungszahlen sind in Mio. angegeben).


Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis 2050
im Falle einer Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen im Jahr
 Altersgruppe 2000 2010 2020 2030 2040 2050
 unter 20  17,487  15,474  14,103  13,430  12,388  11,462
 20 bis unter 30  9,640  9,711  9,070  7,932  7,639  7,224
 30 bis unter 50  25,968  24,195  20,596  20,159  18,339  16,911
 50 bis unter 65  15,554  15,756  19,343  16,443  14,716  14,591
 65 und mehr  13,336  16,362  17,226  20,014  21,464  20,193
 insgesamt  81,985  81,497  80,339  77,977  74,546  70,381


Weiter unten folgt eine analoge Tabelle mit den entsprechenden Prozentzahlen.

Basis der Rechnung ist der Bevölkerungsstand vom 1.1.1998. Das Statistische Bundesamt betont: "Da der Verlauf der maßgeblichen Einflußgrößen mit zunehmendem Abstand vom Basiszeitpunkt immer schwerer vorhersehbar ist, haben solche langfristigen Rechnungen Modellcharakter. Sie sind bei einem Zeitraum von mehreren Jahrzehnten hinweg keine Prognosen, welche die Zukunft vorhersagen, sondern schreiben eine Entwicklung aus bestimmten, gesetzten Annahmen fort."


Diese Annahmen wurden aus der Beobachtung der tatsächlichen Verläufe in den letzten Jahrzehnten abgeleitet und beziehen sich auf drei Komponenten: Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit (bzw. Lebenserwartung) und Wanderungen.


Zur Geburtenhäufigkeit

Nachdem der Babyboom der 60er Jahre vergangen war, schwankte in Deutschland die durchschittliche Kinderzahl pro Elternpaar bzw. Frau zwischen 1,3 und 1,5. In Ostdeutschland sackte sie nach den Umbrüchen im Gefolge der Wiedervereinigung stark ab. Es wird angenommen, dass sie sich wieder an das Niveau im Westen anpasst und langfristig in ganz Deutschland 1,4 Kinder pro Frau bzw. Elternpaar zur Welt kommen werden. Das bedeutet, dass jede Generation nur zu etwa zwei Dritteln durch die nachfolgende Generation ersetzt wird.

Statt 1,4 Kinder pro Frau werden auch (rund) 1400 Kinder pro 1000 Frauen angegeben - die Kinderzahl, "die 1000 Frauen im Laufe ihres Lebens hätten, wenn die aktuellen Verhältnisse für diesen gesamten Zeitraum gelten würden" (zusammengefasste Geburtenziffer). Auf diese Zahl kommt man, wenn man die (innerhalb des jeweiligen Bezugsjahres erfolgten) Geburten pro 1000 Frauen aller in Frage kommenden Altersjahrgänge zusammenrechnet. Am Beispiel von Hessen wird dies durch eine Grafik des Statistischen Landesamtes veranschaulicht.

Möglich ist natürlich, dass das Geburtenniveau in den nächsten Jahrzehnten wieder ansteigen wird. Die Vereinten Nationen waren in eigenen Berechnungen von einem Anstieg auf etwa 1,6 Kinder pro Frau ausgegangen (eine Annahme, die inzwischen sogar weiter angehoben wurde).

Das Statistische Bundesamt meint dagegen in seiner im Jahr 2000 herausgebenen 9. Vorausberechnung, auf die wir uns hier noch beziehen: "Die Annahmen aus der mittleren Variante der Prognosen der Vereinten Nationen, die einen langfristigen Anstieg bis zum Jahr 2050 der zusammengefassten Geburtenziffer für Deutschland auf 1500 bis 1600 vorsehen, erscheinen bei der gegebenen Ausgangslage zu optimistisch."

(Zur gegenwärtigen Geburtenziffer siehe Tabelle des Statistischen Bundesamtes.)


Zur Lebenserwartung

Die Lebenserwartung eines Neugeborenen in Deutschland ist seit 1970 um etwa 7 Jahre gestiegen und um mehr als 30 Jahre höher als vor hundert Jahren, als die durchschnittliche Lebenserwartung bei Mitte 40 lag. Damals starb jedes fünfte Kind schon im ersten Lebensjahr.

Nach der heutigen Lebenserwartung ist davon auszugehen, dass 93 % der Mädchen und 86 % der Jungen das 60. Lebensjahr erreichen werden. Ein 60-jähriger Mann kann heute damit rechnen, noch etwa 19 Jahre zu leben, eine 60-jährige Frau hat noch etwa 23 Jahre zu erwarten. 1970 waren es jeweils etwa vier Jahre weniger.

In den nächsten Jahrzehnten soll die Lebenserwartung in Deutschland weiter ansteigen, wobei sich der etwas niedrigere Wert im Osten der Lebenserwartung im Westen angleicht. Im Jahre 2050 soll ein 60-jähriger Mann noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 21,6 Jahren und eine 60-jährige Frau von 26,7 Jahren haben.

Die Lebenerwartung Neugeborener soll gegenüber heute noch um etwa vier Jahre steigen und 2050 bei 78,1 Jahren (Männer) bzw. 84,5 Jahren (Frauen) liegen.

(Zur gegenwärtigen Lebenserwartung siehe Tabelle des Statistischen Bundesamtes.)


Zur Wanderung

Wanderungsbewegungen sind schwer vorhersehbar und unterlagen schon in den letzten Jahrzehnten starken Schwankungen. Alles in allem sind Millionen zugewandert, aber auch Millionen abgewandert. Unter dem Strich ergaben rund 30 Millionen Zuzüge und über 21 Millionen Fortzüge zwischen 1960 und 1999 eine enorme Netto-Zuwanderung. Der Höhepunkt war 1992 mit einer Netto-Zuwanderung von über 780.000 Personen (Deutsche, d. h. im Wesentlichen Spätaussiedler, und Ausländer zusammengenommen). Im Jahr 2000 verzeichnete das Statistische Bundesamt noch eine Netto-Zuwanderung von rund 167.000 Personen (bei rd. 841.000 Zuzügen und rd. 674.000 Fortzügen).

Bei der deutschen Bevölkerung wird angenommen, dass der heutige Saldo von etwa 80.000 Zuwanderern pro Jahr allmählich absinkt. Bis 2050 wird insgesamt noch mit einer Netto-Zuwanderung von 1 Million gerechnet.

Bei der ausländischen Bevölkerung wurden Alternativannahmen getroffen: "Zum einen wurde eine Variante mit einem langfristigen jährlichen Wanderungsgewinn von 100.000 (Variante 1) sowie eine weitere mit einer doppelt so hohen jährlichen Nettozuwanderung von 200.000 Personen (Variante 2) berechnet. Diese Werte werden - ausgehend von dem zum Basiszeitraum gegebenen Niveau - schrittweise erreicht. Daraus ergeben sich für den Zeitraum 2000 bis 2049 Nettozuwanderungen von 4,9 bzw. 9,3 Millionen Ausländern."

Eine dritte Variante (Kontrollvariante) geht von der Annahme aus, es gäbe überhaupt keine Netto-Zuwanderung. In allen drei Varianten aber wird gleichzeitig mit einer "Sockelwanderung" von 400.000 Zuwanderern und 400.000 Abwanderern pro Jahr gerechnet. (Weil die Zuwanderer im Durchschnitt etwas jünger sind als die Abwanderer, hat das einen leichten Verjüngungseffekt auf die Altersstruktur der Gesellschaft.)

(Zur gegenwärtigen Wanderung über die Außengrenzen siehe Tabelle des Statistischen Bundesamtes.)

Soweit zu den grundlegenden Annahmen der Berechnung


Und nun die Ergebnisse der 9. Vorausberechnung: Bevölkerungsabnahme und Alterung.


Bevölkerungsabnahme

Als Folge des niedrigen Geburtenniveaus wird die Bevölkerung in Deutschland bis 2050 stetig abnehmen, anfangs leicht, später stärker. Ohne Netto-Zuwanderung (Kontrollvariante) würde die Bevölkerung bis 2050 auf 59 Millionen zurückgehen, bei einer Netto-Zuwanderung von 100.000 Personen jährlich (Variante 1) auf 65 Millionen und bei einer Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen im Jahr - wie schon aus der obigen Tabelle zu ersehen - auf 70 Millionen (Variante 2).

Der jährliche "Gestorbenenüberschuss" (die über die Anzahl der Geburten hinausgehende Zahl der Sterbefälle), der 1999 etwa 76.000 und 2000 etwa 72.000 betrug, würde allerdings im Jahre 2050 schon bei 640.000 liegen. Bei einer Zuwanderung von 200.000 Menschen käme es also in diesem letzten Jahr des Berechnungszeitraumes zu einem Rückgang der Bevölkerung um 440.000 Einwohner.

Die folgende Tabelle zeigt den berechneten Prozess der Bevölkerungsabnahme nach den Varianten 1 und 2 des Statistischen Bundesamtes (ab 2000 jeweils zum Jahresbeginn) und nach den World Population Prospects, 2000 Revision der Vereinten Nationen (jeweils zur Jahresmitte). Die UN gehen dabei von einer jährlichen Netto-Zuwanderung von 180.000 Personen aus.


  Einwohner (Mio.)
1950 2000 2015 2025 2050
 Bundesamt - Variante 1  68,377  81,985  80,066  77,138  64,973
 Bundesamt - Variante 2  68,377  81,985  81,027  79,298  70,381
 UN-Prospects 2000 *  68,376  82,017  80,673  78,897  70,805

*) Hinweis: Inzwischen ist eine neue Revision der UN World Population Prospects erschienen, die für Deutschland einen deutlich geringeren Bevölkerungsrückgang voraussagt: The 2002 Revision (Tabelle und Diagramm).


Basiszeitpunkt der Berechnungen des Statistischen Bundesamtes war wie gesagt der 1.1.1998, also praktisch Ende 1997, als der tatsächliche Bevölkerungsstand 82,057 Mio. betrug.

Die Rechenergebnisse decken den Zeitraum vom 1.1.2000 bis 1.1.2050 ab. In der Modellvorstellung wurde für die ersten Jahre in beiden Varianten von identischen, etwas ansteigenden Zuwanderungszahlen ausgegangen, bevor die Entwicklungspfade auseinandergehen und schrittweise die unterschiedlichen Niveaus von 100.000 bzw. 200.000 Netto-Zuwanderern jährlich erreichen. Bis zum 1.1.2004 sind die Rechenergebnisse der beiden Varianten gleich.

Natürlich darf man nicht erwarten, dass die Entwicklung genau der Berechnung folgt. Inzwischen liegt der tatsächliche Bevölkerungsstand nachfolgender Jahre vor. Ein Vergleich zeigt, dass die Bevölkerung noch nicht in die Phase des Rückgangs eingetreten ist, sondern weiter gewachsen ist und Ende 2003 (sechs Jahre nach dem Basiszeitpunkt und dreieinhalb Jahre nach der Veröffentlichung der Rechenergebnisse) um mehr als 0,7 Mio. Einwohner über dem vorausberechneten Stand liegt. Gegenüber dem Ende des Vorjahres (2002) ist die Bevölkerungszahl praktisch unverändert geblieben.


Zeitpunkt/Jahr berechneter
Stand
tatsächlicher
Stand
Netto-
Zuwanderung
"Gestorbenen-
Überschuss"
Ende 1997 / 1.1.1998    82,057 Mio.    
1998     0,047 Mio. 0,067 Mio.
Ende 1998 / 1.1.1999    82,037 Mio.    
1999     0,202 Mio. 0,076 Mio.
Ende 1999 / 1.1.2000  81,985 Mio.  82,163 Mio.    
2000     0,167 Mio. 0,072 Mio.
Ende 2000 / 1.1.2001  81,946 Mio.  82,260 Mio.    
2001     0,273 Mio. 0,094 Mio.
Ende 2001 / 1.1.2002  81,902 Mio.  82,440 Mio.    
2002     0,219 Mio. 0,122 Mio.
Ende 2002 / 1.1.2003  81,855 Mio.  82,537 Mio.    
2003     0,143 Mio. 0,147 Mio.
Ende 2003 / 1.1.2004  81,805 Mio.  82,532 Mio.    


Anmerkung: Bei genauerem Hinsehen wird man feststellen, dass die Differenz aus Zuwanderungsüberschuss und Sterbefallüberschuss nicht genau mit dem Bevölkerungswachstum übereinstimmt. Zwischen den verschiedenen Statistiken bestehen also kleine Diskrepanzen.


Nebenbei bemerkt: Selbst nach einem Rückgang um 23 Millionen auf 59 Millionen Menschen, wie er nach der Kontrollvariante (keine Nettozuwanderung) zu erwarten wäre, würden keineswegs entvölkerte Landschaften zurückbleiben - jedenfalls noch nicht zu diesem Zeitpunkt -, denn für eine Landesfläche von rund 357.000 Quadratkilometern hätte Deutschland dann immer noch eine sehr hohe Einwohnerzahl, auch im internationalen Vergleich, wie eine Gegenüberstellung mit einem dicht bevölkerten Gebiet an der amerikanischen Ost-Küste, das auf dieser Website häufiger zu Vergleichszwecken verwendet wird, eindrucksvoll verdeutlicht.


Während die Rechnungsvarianten des Statistischen Bundesamtes (wie gesagt hrsg. 2000) eine sich allmählich verstärkende Abnahme der Bevölkerung (bei langfristig gesehen nahezu konstant bleibender Zuwanderung von 100.000 oder 200.000 Personen) durchspielen, haben die Vereinten Nationen im Rahmen einer Studie über "Replacement Migration" (die ebenfalls im Jahre 2000 vorgelegt wurde und nicht zu verwechseln ist mit den schon erwähnten World Population Prospects) für Deutschland und weitere "low-fertility countries" andere Varianten durchgerechnet, darunter eine, bei der die Bevölkerung Deutschlands konstant bleibt, während die Zuwanderung langsam zunimmt.

Dabei ging man vom deutschen Bevölkerungsstand des Jahres 1995 (gemittelt bzw. im Durchschnitt 81,661 Mio.) aus und kam zu dem Ergebnis, dass die Einwohnerzahl bei einer durchschnittlichen Nettozuwanderung von 324.000 Personen pro Jahr bis 2050 konstant bleiben würde. 324.000 aber ist wie gesagt der Durchschnittswert für den Gesamtzeitraum 1995 bis 2050.

Von Mitte 1995 bis Mitte 2000 wären nach der Modellrechnung insgesamt 650.000 Netto-Zuwanderer, also 130.000 im Jahresdurchschnitt, erforderlich (gewesen), um den Überschuss der Sterbefälle über die Geburten zu kompensieren und auch im Jahre 2000 eine Einwohnerzahl von 81,661 Mio. zu erreichen. Tatsächlich aber lag der Bevölkerungsstand Mitte 2000 bei 82,183 Mio., also um mehr als eine halbe Million höher.

Für den Zeitraum 2000 bis 2025 sieht die UN-Studie 6,978 Mio. Netto-Zuwanderer (279.000 im Jahresdurchschnitt) und für die Zeit von 2025 bis 2050 10,209 Mio. (408.000 im Jahresdurchschnitt) vor - wie gesagt unter der rein hypothetischen Zielsetzung einer gleich bleibenden Bevölkerungsgröße mit der Einwohnerzahl des Jahres 1995 als Richtwert.


Alterung

Nun soll etwas ausführlicher auf das Problem der demographischen Alterung und die Rolle, welche dabei die Zuwanderung spielt, eingegangen werden. Zunächst zum besseren Verständis des Alterungsprozesses ein Auszug aus dem Bericht des Statistischen Bundesamtes (herausgegeben 2000):

Die aktuelle Bevölkerungsstruktur (und -größe) ist der wesentliche Bestimmungsfaktor zur Entwicklung der nächsten Jahrzehnte. Im Hinblick auf die Alterssicherung ist besonders bedeutsam, dass die Mitte 30-jährigen heute die am stärksten besetzte Altersgruppe stellen. Sie gehören zu den geburtenstarken Jahrgängen um 1964, die ihrerseits von stark besetzten Elternjahrgängen abstammen. Die nachfolgenden Jahrgänge sind wesentlich schwächer besetzt - Folge der bis Mitte der 70er Jahre erheblich geringer gewordenen und danach weitgehend konstanten kleineren Geburtenzahlen. Geht es mit Geburten, Lebenserwartung und Zuzügen von außen ähnlich weiter wie bisher, wird in etwa 30 Jahren eine starke Gruppe von Personen über 60 Jahren einer relativ schwach besetzten Gruppe jüngerer Personen gegenüber stehen.

Die heute etwa 30-jährigen Frauen haben im Durchschnitt 1,4 Kinder. Die jetzt geborenen Kinderjahrgänge sind also zahlenmäßig kleiner als die ihrer Eltern. Sind diese Kinder einmal erwachsen und haben ebenfalls 1,4 Kinder, wird die künftige Kinderzahl weiter sinken, weil es dann weniger potenzielle Eltern gibt. Selbst wenn die heute geborenen Kinder später einmal zwei Kinder haben sollten - also das Bestandserhaltungsniveau erreichen und ihre Elterngeneration zahlenmäßig ersetzen würden - wäre diese Kinderzahl nur so hoch wie die der jetzigen Kinder selbst. Die Besetzungszahl der künftigen Großelterngeneration (also der heute 30-jährigen) wird selbst bei einer höheren Geburtenhäufigkeit von zwei Kindern je Frau nicht mehr erreichbar sein, einfach weil die Elterngeneration (die Kinder der heute 30-jährigen) dazu zu schwach besetzt ist.

Der bestehende Altersaufbau hat also einen hohen Einfluss auf die künftige Bevölkerungszahl und auf die Alterung. Sowohl starke als auch schwache Jahrgänge rücken in höhere Alter vor. Gibt es heute starke mittlere Jahrgänge, so wird es auch einmal starke ältere geben.

Soweit ein längeres Zitat aus dem Bericht des Statistischen Bundesamtes. Aus dem letzten Satz kann man auch folgern: Auch die in mittleren Lebensjahren zuwandernden Menschen werden später die Altenjahrgänge verstärken. Die Alterung der Gesellschaft lässt sich also nicht, wie viele zu meinen scheinen, einfach dadurch abstellen, dass ausbleibende Neugeborene durch zuwandernde Erwachsene, selbst wenn es sich um jüngere Erwachsene handelt, ersetzt werden. Diese erreichen einfach zu schnell selber die Altersgrenze.

Ein nachhaltiger Verjüngungseffekt der Zuwanderer hängt daher maßgeblich von deren Nachwuchs ab. Aber warum sollte man gerade von sozial anpassungswilligen, fachlich qualifizierten und eine berufliche Karriere anstrebenden Einwanderern, die Deutschland - angeblich oder tatsächlich - braucht, weit überproportionale Kinderzahlen erwarten, die den Gesamtdurchschnitt wesentlich anheben? Auf den möglichen Verjüngungseffekt der Zuwanderung kommen wir noch zurück.

Ein erster Überblick über die bevorstehende Entwicklung wurde bereits weiter oben in der Tabelle mit den Zahlen der Altersgruppen gegeben. Hier noch einmal die entsprechenden Prozentzahlen:


Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis 2050
im Falle einer Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen im Jahr
 Altersgruppe 2000 2010 2020 2030 2040 2050
 unter 20  21,3 %  19,0 %  17,6 %  17,2 %  16,6 %  16,3 %
 20 - unter 30  11,8 %  11,9 %  11,3 %  10,2 %  10,2 %  10,3 %
 30 - unter 50  31,7 %  29,7 %  25,6 %  25,9 %  24,6 %  24,0 %
 50 - unter 65  19,0 %  19,3 %  24,1 %  21,1 %  19,7 %  20,7 %
 65 und mehr  16,3 %  20,1 %  21,4 %  25,7 %  28,8 %  28,7 %
 insgesamt   100,0 %   100,0 %   100,0 %   100,0 %   100,0 %   100,0 %


Speziell im Hinblick auf die Problematik der Alterssicherung gibt es eine besondere Maßzahl: den Altenquotienten.

Der Altenquotient ist das Zahlenverhältnis zwischen den Personen im Rentenalter und denen im Erwerbsalter. Geht man vom heute üblichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben aus, beginnt das Rentenalter bereits mit 60 Jahren. Als Erwerbsalter wurde für die Berechnungen die Lebensspanne von 20 bis 59 Jahren zugrunde gelegt. Der Altenquotient ist dann die Anzahl der Menschen ab 60 je 100 Personen im Alter von 20 bis 59.

Auf 100 Personen im Alter von 20 bis 59 kommen heute 40 Personen im Rentenalter, kurz: der Altenquotient beträgt 40. Vor wenigen Jahren waren es noch 36.

Bis zum Jahre 2050 wird die Entwicklung dramatisch weitergehen. Dabei spielt die Höhe der Zuwanderung eine Rolle. Ohne Netto-Zuwanderung wird der Altenquotient bei 84, im Falle einer Netto-Zuwanderung von 100.000 bei 80 und im Falle einer Netto-Zuwanderung von 200.000 bei 75 liegen. Das ist in jedem Fall sehr viel mehr als heute, aber die Unterschiede zwischen den Rechnungsvarianten halten sich in Grenzen.

Das Statistische Bundesamt sagt sehr deutlich: "Selbst eine Zuwanderung von 200.000 Personen pro Jahr wird den Alterungsprozess nur verlangsamen, aber nicht verhindern."

Und weiter: "Das ergeben auch Modellrechnungen der Vereinten Nationen (UN) zum Thema ‘Bestandserhaltungsmigration’ (Replacement Migration) vom März 2000. Diese Studie zeigt unter anderem, dass jährlich über 3,4 Millionen Personen nach Deutschland zuwandern müssten, wenn man die zahlenmäßige Relation der 15- bis 64-Jährigen zu den über 64-Jährigen konstant halten wollte. Im Zeitraum von 1995 bis 2050 wären dies fast 190 Millionen Zugewanderte, also weit mehr als das Doppelte der heutigen Bevölkerung. Nach der UN-Studie lässt sich somit die Altersstruktur durch Zuwanderungen unter realistischen Rahmenbedingungen nicht erhalten."

Und noch ein nicht unbedingt zu erwartender Hinweis: "Dass es bei Variante 2 mit höherer Zuwanderung nur zu einer Abschwächung, aber nicht zur Verhinderung der Alterung der Bevölkerung kommt, liegt daran, dass auch die zugewanderte ausländische Bevölkerung nach den bisherigen Erfahrungen eine relativ geringe Geburtenzahl aufweist, so dass es langfristig auch in dieser Gruppe weniger Kinder gibt und der Sockel des Bevölkerungsaufbaus ausdünnt."

Geht man jedoch von einer Anhebung des tatsächlichen durchschnittlichen Renteneingangsalters um fünf Jahre aus, also auf das 65. Lebensjahr, so fällt der Altenquotient schon deutlich besser aus: Bei der Kontrollvariante (keine Netto-Zuwanderung) kämen statt 84 nur noch 59 Personen im Rentenalter auf 100 Personen im Erwerbsalter. Das Ergebnis der Variante 1 (Netto-Zuwanderung von 100.000) verbessert sich von 80 auf 56 und der Variante 2 von 75 auf 52.

Eine Anhebung des Rentenalters um fünf Jahre ohne Netto-Zuwanderung (Altenquotient 59 im Jahre 2050) bewirkt wesentlich mehr als eine Netto-Zuwanderung von 200.000 im Jahr ohne Anhebung des Rentenalters (Altenquotient 75). Kombiniert ist der Effekt natürlich am größten (Altenquotient 52).

Selbstverständlich kann man das Rentenalter nicht beliebig verändern, sondern muss auch die wirtschaftliche Lage und die Situation auf dem Arbeitsmarkt beachten und die Rahmenbedingungen für den Einsatz älterer Arbeitnehmer verbessern. Auch die Verschiebung der Altersstruktur innerhalb des Bevölkerungsteils im Erwerbsalter ist zu berücksichtigen. Irgendwie wird sich der Arbeitsmarkt jedenfalls der demographischen Entwicklung fügen müssen. Es erscheint doch eigentlich sehr naheliegend, die Arbeit wieder wie früher gleichmäßiger auf die Altersgruppen zu verteilen, anstatt über die Alterssicherungssysteme immer mehr Geld umzuverteilen, was letztendlich vielleicht weniger ein wirtschaftliches Problem ist als ein psychologisches, da die Abgabenbelastung ab einem bestimmten Grad auf die Erwerbstätigen völlig demotivierend wirken muss.

Da das Jahr 2050 noch ziemlich weit in der Zukunft liegt, folgt hier ein tabellarischer Überblick mit der Entwicklung des Altenquotienten in den davor liegenden Jahrzehnten (die Jahreszahlen beziehen sich jeweils auf den 1.1.).


Altenquotient
Renten-
alter
jährliche
Zuwanderung
1999 2010 2020 2030 2040 2050
60 0 39,8 46,3 55,5 76,2 80,0 84,3
100.000 39,8 45,8 54,1 73,0 76,2 80,0
200.000 39,8 45,6 52,8 69,6 71,7 74,7
65 0 25,4 33,5 36,7 48,8 59,3 59,0
100.000 25,4 33,1 35,9 46,9 56,2 56,0
200.000 25,4 32,9 35,1 44,9 52,7 52,1


Die Altersgruppe der Erwerbstätigen wird aber nicht nur durch die Rentner, sondern auch durch Kinder und Jugendliche "belastet". Dafür gibt es neben dem Altenquotienten einen weiteren Belastungsquotienten: die Anzahl der unter 20-Jährigen je 100 Personen im Erwerbsalter. Ohne Nettozuwanderung und bei einem tatsächlichen Rentenalter von weiterhin 60 Jahren würde die Anzahl der unter 20-Jährigen auf 100 Personen im Erwerbsalter von 38,1 (1999) auf 33,8 (2050) zurückgehen. Zuwanderung ändert daran kaum etwas, auch bei einer Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen pro Jahr geht dieser Quotient auf 34,0 zurück. Die Belastung durch Jüngere wird also in jedem Fall geringer werden, wodurch die zunehmende Belastung durch die Älteren zu einem Teil kompensiert wird.

Dieser Gedanke mag auf machen etwas befremdlich wirken, aber neben den familiären Anstrengungen, die wir nicht gering schätzen sollten, sind auch die hohen staatlichen Aufwendungen für Kinder und Jugendliche im Bereich der medizinischen Versorgung, Bildung und allgemeinen finanziellen Unterstützung der Eltern - und die damit verbundene Mitbelastung von Kinderlosen - keinesfalls zu unterschätzen. Das heißt natürlich nicht, dass auf Dauer anhaltende Kinderzahlen unterhalb des Bestandserhaltungniveaus zu begrüßen wären, aber für einen begrenzten historischen Zeitraum sollten wir eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung - in einem besonders dicht bevölkerten Land auf einer schon ziemlich übervölkerten Erde - auch nicht nur negativ sehen. (Aber das ist die persönliche Meinung des Autors.)

Die Belastung durch Kinder und Jugendliche lässt sich nun mit dem Altenquotienten zu einem Belastungsquotienten zusammenfassen: Personen unter 20 plus Personen ab 60 bzw. ab 65 im Verhältnis zur dazwischen liegenden Gruppe im Erwerbsalter. Auch dabei wird deutlich: Eine Anhebung des tatsächlichen Rentenalters hat einen viel größeren Effekt als Zuwanderung.


Belastungsquotient
Jüngere und Ältere pro 100 Personen im Erwerbsalter
Renten-
alter
jährliche
Zuwanderung
1999 2010 2020 2030 2040 2050
60 0 78,0 80,4 87,7 111,4 114,2 118,1
100.000 78,0 79,9 86,5 108,2 110,4 114,0
200.000 78,0 79,7 85,3 104,8 105,9 108,7
65 0 59,6 64,6 65,1 78,6 89,5 88,2
100.000 59,6 64,3 64,5 76,8 86,5 85,4
200.000 59,6 64,1 63,9 75,1 83,2 81,7


Im Jahre 1999 beträgt demnach die Belastung der Personen im Erwerbsalter (20 bis unter 60) durch Ältere und Jüngere, ausgedrückt durch den entsprechenden Belastungsquotienten: 78,0. (Das ist die faktische Ausgangslage.)

Bei einer Verlängerung der Erwerbsphase durch Anhebung des tatsächlichen durchschnittlichen Renteneingangsalters auf 65 in Kombination mit einer Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen jährlich steigt dieser Belastungsquotient bis 2050 auf 81,7 (eigentlich gar keine so starke Veränderung gegenüber heute!) - ohne Netto-Zuwanderung steigt er auf 88,2.

Bei einer Beibehaltung des heutigen tatsächlichen Rentenalters von 60 steigt jedoch die Belastung der Personen im Erwerbsalter durch Ältere und Jüngere bis 2050 selbst bei einer jährlichen Netto-Zuwanderung von 200.000 Personen auf 108,7 - ohne Nettozuwanderung auf 118,1.

Diese Ergebnisse sind dem Tabellenteil des Berichtes des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen (s. Quellenangaben).


Vielleicht wollen Sie abschließend noch einmal einen Blick auf die beiden Tabellen zur künftigen Entwicklung von Gesamtbevölkerung und Altersstruktur werfen, denen der Bevölkerungsstand zum Basiszeitpunkt 1.1.1998 und die oben skizzierten Annahmen (anhaltend niedrige Geburtenrate, weiter steigende Lebenserwartung, langfristige Nettozuwanderung von etwa 200.000 Ausländern pro Jahr) zugrunde liegen - in absoluten Zahlen und in Prozenten.

Die (unter der Annahme einer anfänglich noch etwas niedrigeren, schrittweise ansteigenden Zuwanderung) vorausberechneten Einwohnerzahlen und die inzwischen vorliegenden tatsächlichen Angaben über Bevölkerungsstand, Sterbefälle und Nettozuwanderung bis Ende 2003 wurden ebenfalls oben in einer Tabelle zusammengestellt.



Online-Quellen bzw. Berechnungsgrundlagen:

  • Statistisches Bundesamt Deutschland  (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > (unter Online-Publikationen:) Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis zum Jahr 2050
    Hinweis: Im Juni 2003 wurde wie gesagt eine neue Berechnung vorgelegt: die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Bundes und der Länder.

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > Statistisches Jahrbuch 2001, Kostenlose Leseprobewähle: Bevölkerung

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > Geschlecht und Staatsangehörigkeit (Einwohner)

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > Eheschließungen, Ehescheidungen, Geborene, Gestorbene

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    Regionaleswähle (unter Bevölkerungsbewegung): Natürliche und Räumliche

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > Pressemitteilungen > Bevölkerung in Deutschland 2001

  • Ausländerbeauftragte der Bundesreg. (www.bundesauslaenderbeauftragte.de)
    Publikationenwähle: Migrationsbericht November 2001

  • United Nations Population Information Network (POPIN) (www.un.org/popin)
    Populationwähle (unter Major Works, World Population Prospects): Selected Tables
    (Hinweis: Alle zwei Jahre erscheint eine neue Revision.)

  • United Nations Population Information Network (POPIN) (www.un.org/popin)
    > Population > Online databasewähle!
    (Hinweis: Alle zwei Jahre erscheint eine neue Revision.)

  • UN Population Division (www.un.org/esa/population/unpop.htm)
    Publicationswähle: Replacement Migration: Is It a Solution to Declining and Ageing Populations?


  • Schnellübersicht Einwohner Deutschlands ab 1999

  • Statistisches Bundesamt Deutschland (www.destatis.de)
    > Bevölkerung > Bevölkerungsentwicklung 2003
    wähle: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1991 bis 2003


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