IWS = Institut für Wachstumsstudien - www.wachstumsstudien.deEin paar junge Wissenschaftler, die der gängigen Vorstellung vom (exponentiellen) Wirtschaftswachstum kritisch gegenüberstehen, haben in Gießen ein Institut für Wachstumsstudien (IWS) gegründet. Darüber berichtete auch die FAZ (bzw. FAZ.NET) im Juni 2005:
(So weit die FAZ.) Grundgedanke der Institutsgründer ist, dass Volkswirtschaften typischerweise linear wachsen (also mit konstanten absoluten Zuwächse) und nicht exponentiell (mit konstanten prozentualen Raten). Aus der IWS-Kernaussage: "Über Wirtschaftswachstum wird mit einer solchen Selbstverständlichkeit diskutiert, dass über die eigentliche Bedeutung des Begriffs kaum nachgedacht wird. So wird das Wachstum teilweise herangezogen, um die Wirtschaftskraft von verschiedenen Staaten miteinander zu vergleichen. Die Wirtschaftskraft eines Landes wird aber mittels des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gemessen, also anhand des Wertes aller Güter und Dienstleistungen, die in einem Jahr geschaffen werden. .. Das Wirtschaftswachstum hingegen drückt lediglich die Zu- oder Abnahme dieser Leistung aus. .. " "Sinkende Wachstumsraten sind kein typisch deutsches Problem, vielmehr sind sämtliche entwickelten Volkswirtschaften betroffen. .. Lineares Wachstum ist die Regel, exponentielles hingegen die große Ausnahme." "Die realitätsferne Darstellung des Wirtschaftswachstums in Prozent fordert Gegenmaßnahmen der Politik heraus, welche einen Normalzustand wiederherstellen sollen, den es niemals gegeben hat. Dabei wird die Entfernung von diesem vermeintlichen Normalzustand ... stetig größer." "Eine veränderte Darstellungsweise von Wachstum vermag zwar an den genannten Problemen nichts zu ändern, ist aber dennoch der notwendige erste Schritt. Denn die bisherige Darstellung verdeckt den Blick auf das lineare Wachstum, verleitet damit zu falschen Schlussfolgerungen und macht es unmöglich, Lösungen zu erarbeiten." "Für das IWS ergeben sich daraus mehrere Hauptaufgaben: Erstens möchte es die Schwächen dieser Darstellung von Wachstum aufzeigen und ihr eine eigene Betrachtungsweise gegenüberstellen. Dies soll etwa mit Hilfe des Wachstumsgrundwertes geschehen. Zweitens untersucht das Institut den bisherigen Verlauf des Wachstums in Deutschland und vergleicht diesen mit der Entwicklung anderer Volkswirtschaften. Drittens beschäftigt es sich mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen und Herausforderungen des linearen Wachstums." In dem Aufsatz "Eine neue Perspektive für die ökonomische Wachstumskritik" befassen sich die Autoren auch mit der 1972 veröffentlichten Studie des Club of Rome "The Limits of Growth" - "Die Grenzen des Wachstums" und kommen zu folgendem Fazit: "Die Wissenschaftler um Dennis Meadows haben einer weltweiten Öffentlichkeit
die Gefahren eines ungezügelten Wachstums aufgezeigt und damit dazu beigetragen,
dass der Umweltschutz zu einem zentralen Ziel der Politik wurde. Ihre Einschätzung
der Wachstumsentwicklung war allerdings fehlerhaft. Die Zunahme der Wirtschaftskraft
verläuft nicht in sich ständig steigerndem Maß, sondern gleichmäßig.
Behalten wir die Entwicklung des IWS und seine Publikationen im Auge (Zeitschrift, Papiere), von denen die ersten auch im Archiv dieser Website zu finden sind:
Bleibt zu hoffen, dass sich dem Institut neben den Angehörigen anderer Disziplinen auch hauptberufliche Ökonomen anschließen, die mutig genug sind, sich von der Idee stetigen exponentiellen Wirtschaftswachstums zu verabschieden. Nichts wächst ewig auf unserem Planeten, kein Individuum und kein System, auch nicht die Wirtschaft. Doch Ökonomen sind offenbar die Letzten, die so denken: "Anyone who believes exponential growth can go on forever in a finite world is either a madman or an economist", meinte jedenfalls der britisch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Kenneth E. Boulding (1910-1993), ein respektabler Außenseiter seiner Zunft. "Wer glaubt, dass exponentielles Wachstum in einer begrenzten Welt ewig dauern kann, ist entweder verrückt oder ein Ökonom."
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