Zur Bevölkerung Ägyptens- Größe - Dichte - Wachstum - Nach einer Schätzung (Hochrechnung auf Basis der Volkszählung 2006) von CAPMAS Egypt (Central Agency for Public Mobilisation and Statistics) hat Ägypten am 01.01.2010 eine Population von 77.775.247 Einwohnern auf einer Landesfläche von 1.009.450 Quadratkilometern. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 77 Einwohnern pro Quadratkilometer. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die ägyptische Bevölkerung jedoch noch weit größer (und hat bereits die Bevölkerung Deutschlands überholt). Wir kommen weiter unten noch einmal kurz darauf zurück, bleiben aber zunächst bei den ägyptischen Angaben. Der Zensus vom 11.11.2006 hatte eine Bevölkerung von 72.798.031 Personen ergeben. Der o. a. Schätzwert zum 01.01.2010 bedeutet also eine Bevölkerungszunahme von rund 5 Millionen (4.977.216 = 6,8 %) in gut drei Jahren. Zwischen den Zählungen von 1996 und 2006 hatte die Bevölkerung (in zehn Jahren) um gut 13,5 Millionen Personen zugenommen.. (Wie immer bei solchen Angaben ist das der Saldo von Geburten und Sterbefällen sowie Netto-Abwanderung. Die dauerhaft im Ausland lebenden Ägypter zählen nicht mit. Zwar gibt es Völker, die noch viel stärker explodieren, aber das mindert nicht die demographischen Probleme Ägyptens.) Das Gros der Bevölkerung siedelt an den Ufern und im Delta des tief im Innern Afrikas entspringenden Nil, der das Land komplett von Süd nach Nord durchfließt und ohne den eine so große Population völlig unmöglich wäre. (Schon Herodot nannte Ägypten ein Geschenk des Nil und von alters her gelten die Bewohner als "das Volk vom Nil" zwischen der westlichen und östlichen Wüste.) Übersichtskarte und NASA-Satellitenfotos:
Unten: Der bei Assuan (Aswan) aufgestaute Nasser-See, Nil und Rotes Meer
Im Folgenden betrachten wir das Land differenzierter anhand seiner administrativen Untereinheiten mit Angaben zu Einwohnern und Fläche. Dabei stoßen wir allerdings auf erhebliche Quellendivergenzen bei den Flächenangaben
mit gravierenden Auswirkungen auf die rechnerische Bevölkerungsdichte.
Neben aktuellen Angaben von CAPMAS enthält die folgende Tabelle daher auch Angaben von www.populstat.info
und www.geohive.com, vermutlich auf Basis älterer CAPMAS-Statistiken.
Quellenangaben im Kopf der Tabelle. Anmerkung: Um noch einmal auf die unklaren Flächenangaben zurückzukommen: Eines signalisieren die obigen Angaben auf jeden Fall: viel Wüste. Ausgerechnet die Deutschen zog es einst scharenweise dorthin, ins heutige Gouvernement Matr[o]uh (mit der Hauptstadt Marsa Matruh an der Mittelmeerküste). Aber vor allem die Briten hatten was dagegen (zumal die Deutschen natürlich weitergehende Pläne hatten) und ließen sich auch von einem Rommel (Bild unten rechts) nicht umstimmen. 1942 ging der Name einer winzigen Bahnstation in die Geschichte des 2. Weltkriegs ein: El Alamein - nur gut 100 Kilometer westlich von Alexandria.
Auf Dritte brauchte man kaum Rücksicht zu nehmen, da in der Gegend nicht viel kaputt zu machen war, aber beide Seiten erlitten schwere Verluste. Die Gegend heute:
Auf dem linken Foto weit im Hintergrund die deutsche Kriegsgräberstätte (weitere Bilder und Informationen dazu: Deutsche Botschaft in Kairo.) - Auf dem rechten Foto Kriegsgräber der Briten und ihrer Verbündeten: El Alamein War Cemetery. Ägypten im 21. Jahrhundert ("n. Chr."): Die sechs am dünnsten bevölkerten Gouvernements Matrouh, El Wadi El Gidid, Aswan (Assuan), "Red Sea" (Gebiet zwischen Nil und Rotem Meer) sowie Nord- und Süd-Sinai, ergeben nach den oben Zahlen zusammen eine Fläche von rund 847.300 Quadratkilometer (83,9 % des gesamten Staatsgebiets). Dort leben jedoch nur gut 2,6 Millionen Menschen (3,4 % der Gesamtbevölkerung). Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte in diesem Gebiet beträgt 3 Einwohner pro Quadratkilometer. Also auch Anfang 2010 noch viel Platz! - Nur leider so gut wie unbewohnbar. 96,6 % der Bevölkerung = 75,1 Millionen Menschen siedeln daher im Rest Ägyptens (16,1 % = rund 162.100 Quadratkilometer) und müssen mit einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 463 Einwohnern je Quadratkilometer leben, das ist etwa die doppelte Bevölkerungsdichte Deutschlands. (Und rundherum hauptsächlich Wüste. Statt "auf dem Lande" lebt man da wohl mehr im Sande.) Wir wollen nicht zynisch werden, müssen jedoch schonungslos fragen: Wie wollen die demographisch noch stark zunehmenden Ägypter unter diesen geographisch-klimatischen Rahmendingungen ihre rückständige Wirtschaft weiterentwickeln (einschließlich einer halbwegs ausreichenden Landwirtschaft, die die Abhängigkeit des Landes von Lebensmittelimporten in Grenzen hält) - bei all dem "Flächenverbrauch" und Verbrauch sonstiger Ressourcen, mit dem Industrialisierung einhergeht? Konkurrenten um das existenziell notwendige Nilwasser sind (weiter stromaufwärts) Äthiopien und der Sudan - durchaus eine Gefahr für den Frieden, zumal in allen Anrainerstaaten die Bevölkerung noch stark im Wachsen begriffen ist (um es freundlich zu formulieren). Elf (geografisch zusammenhängende) ägyptische Gouvernements im oder nahe am Nildelta haben eine Bevölkerungsdichte von mehr als 500 Einwohnern je Quadratkilometer, die meisten sogar ein Vielfaches davon: Alexandria, Behera, Menoufia, Gharbia, Kafr El Sheik, Dakahlia, Damietta, Sharkia, Kalyoubia, Kairo und Giza. Nach den obigen Zahlen kommen sie zusammen auf eine Bevölkerung von rund 47,3 Millionen (60,8 % der Gesamtbevölkerung) und eine Fläche von rund 31.400 Quadratkilometern (3,1 % der Gesamtfläche Ägyptens). Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte dieses Teilgebiets beträgt gut 1.500 Einwohner je Quadratkilometer (was auf deutsche Verhältnisse übertragen durchaus schon als großstädtischer Wert gelten kann). Dabei kommen schon die beiden am Nil einander gegenüberliegenden Gouvernements Kairo und Giza mit rund 10,5 Millionen Einwohnern auf 13,5 % der ägyptischen Bevölkerung - auf weniger als einem halben Promille der Landesfläche. Stimmt hier was nicht mit den Zahlen? Kairo hat fast so viel Einwohner wie London oder New York, auf viel weniger Fläche, Giza (Gizeh) hat etwa die gleiche Einwohnerzahl wie Berlin - auf kaum einem Zehntel der Fläche! Die beiden Gouvernements sind praktisch identisch mit den gleichnamigen Städten,
ja eigentlich sogar etwas kleiner, denn Randgebiete von ihnen werden ja von den neu geschaffenen
Gouvernements "6. October" und Helwan aufgefangen:
Bild oben: Oase Al Bahariya - weit weg von "Plans under way to develop 100 kilometres of Grater Cairo ring road" (Global Arab Network, August 2010):
Und ganz in der Nähe die alten Pyramiden von Gizeh:
Fotos unten: Bei den Pyramiden von Gizeh: Eine schmale Grünzone in Richtung Stadt und in entgegengesetzter Richtung Wüste. Für das (leider sehr begrenzte) Grün sorgen der Nil und die von ihm gespeisten Bewässerungskanäle:
(Bilder aus einem sehr gelungenen Foto-Reisebericht neuseeländischer Touristen: Egypt, 2005) Die Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen schätzt in ihrer 2008 Revision der World Population Prospects die Einwohnerzahl Ägyptens zur Jahresmitte 2010 bereits auf fast 84,5 Millionen und die Bevölkerungsdichte im Gesamtdurchschnitt auf 84 Einwohner je Quadratkilometer. Dabei ist jedoch wie gesagt der weitaus größte Teil des Landes so gut wie unbewohnbar und im Rest liegt die Bevölkerungsdichte pro Quadratkilometer schon heute bei mehreren Hundert, von Greater Kairo ganz zu schweigen. 1950 betrug die Bevölkerung Ägytens erst 21,5 Millionen (etwa ein Viertel von heute), die Bevölkerungsdichte 21 Einwohner je Quadratkilometer. Nach einer Langzeitprojektion soll die Einwohnerzahl im Jahr 2050 annähernd 130 Millionen betragen, die Bevölkerungsdichte 129 Einwohner je Quadratkilometer. Dabei haben die Vereinten Nationen aber nur eine jährliche Netto-Abwanderung von 80.000 Personen pro Jahr einkalkuliert. Dies entspricht etwa dem gegenwärtigen Bevölkerungswachstum von drei Wochen. In einem Jahr beläuft sich die Zunahme auf fast 1,5 Millionen. Zahlen, mit denen sich die Zuwanderungsapologeten hierzulande ausführlicher beschäftigen sollten. Wir reden hier wohlgemerkt nur von Ägypten und nicht vom übrigen Nord- und Subsahara-Afrika und dem ganzen "Rest" einer Welt von bald sieben Milliarden Menschen, wo Familien, in denen die Kinder wie die Orgelpfeifen dastehen, nur noch als (durchaus willkommene) Ausnahme, aber sicher nicht mehr als Regel tragbar sind. Damit jetzt aber keine übertriebenen Vorstellungen von der "Fruchtbarkeit" der Ägypter aufkommen: Deren "Fertilität" ist bereits auf unter drei Kinder pro Frau (oder Elternpaar) zurückgegangen. Dabei braucht es schon mindestens zwei Kinder, um eine Bevölkerung langfristig auf einem konstanten Level zu halten. Die noch aus dem "Kinderreichtum" der letzten Jahrzehnte resultierende jugendliche Altersstruktur mit vielen potenziellen Eltern (die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25) wird jedoch noch geraume Zeit für viel "natürliches" Bevölkerungswachstum sorgen - nicht nur in Ägypten, sondern im weitaus größten Teil der Welt. Übrigens: Dass die Menschheit in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden nicht oder jedenfalls bei weitem nicht so gewachsen ist wie in der jüngeren Geschichte und besonders in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ist nicht darauf zurückführen, dass die Menschen in alten Zeiten weniger Nachwuchs produzierten, sondern dass sie viel früher starben. Besonders die Kinder wurden von Krankheiten und Nahrungsmangel dahingerafft, wie wir es uns heute selbst in den ärmsten und rückständigsten Entwicklungsländern nicht mehr vorstellen können. Das war auch bei den alten Ägyptern so, die trotzdem (unter der Knute des Pharao) genug Kraft hatten, Pyramiden zu bauen und Kunstschätze zu schaffen, die uns noch heute staunen machen. Lange vor Christentum und Islam gingen sie mit Leben und Tod auf ihre Weise um - und entwickelten dabei eigenartige Vorstellungen. Eines aber konnten sie sich wohl nicht vorstellen: ein paar Tausend Jahre später als Mumie in einer Vitrine des Ägyptischen Museums zu landen - mitten in "Greater Cairo". (aus dem schon erwähnten Foto-Reisebericht: Egypt, 2005) "Pharao" Mubarak, der im Februar 2010 in einer Revolution (hierzulande sprechen manche trotz einer Zahl von über 300 Toten auch von einem "Revolutiönchen") von seinem Volk "in die Wüste geschickt" wurde, war dem Westen lange Zeit lieb und teuer gewesen. (Teuer bestimmt. Irgendwie muss der ehemalige Kampfflieger und Luftwaffengeneral ja zu seinem Milliardenvermögen gekommen sein. So mancher Kaptitalstrom hat sich da wohl in Kairo in einem großen Delta verzweigt wie der Nil, während Geschäfte und Amtsgeschäfte nahtlos ineinander übergingen.) Heute würde Außenminister Westerwelle wohl nicht mehr sagen: "ein Mann mit enormer Erfahrung, großer Weisheit und die Zukunft fest im Blick" (sueddeutsche.de), wie noch im Mai 2010. Und Bundeskanzlerin Merkel ließe sich heute sicher nicht mehr so fotografieren wie noch im September 2010 in Berlin:
(Weil’s so süß ist, noch etwas > größer) Immerhin hat der Mann fast drei Jahrzehnte lang auf seine Weise für eine Ordnung gesorgt, die man als politischen Stillstand beklagen mag wie auch die mangelnde Wirtschaftsentwicklung. Aber nicht alles stand still. Vor allem nicht die Bevölkerungs-"Entwicklung". Man mache sich einmal klar: Als nach dem tödlichen Attentat auf Präsident Sadat ...
... Mubarak 1981 die Führung des Landes übernahm, hatte Ägypten ungefähr 46 Millionen Einwohner, also 40 Millionen weniger als 2011 (nach Bevölkerungszahlen der Vereinten Nationen). Der enome Zuwachs von 40 Millionen Menschen in nur 30 Jahren entspricht etwa der halben Bevölkerung Deutschlands. Und fast soviel soll in den nächsten 30 Jahren noch einmal dazukommen - im Wüstenstaat Ägypten, ein Geschenk des Nil. Die "Ära Mubarak" ist zu Ende. Was danach kommt, wissen wir nicht, und die Ägypter wohl auch nicht. Wünschen wir ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme viel Glück. (Und uns auch.)
(Und lassen wir die Nofretete lieber erst mal noch in Berlin, bevor wir sie vielleicht wieder an Ägypten zurückgeben.) Oder was meinen Sie zu dem Ganzen, Frau Nofretete? Seit fast hundert Jahren Berlinerin mit "Migrationshintergrund". Was denken Sie - über Ägypten und die Welt von heute? - Mit Ihrer "Lebenserfahrung" von über dreitausenddreihundert Jahren.
Büste der Nofretete, http://www.pdwb.de/nd27.htm Homepage: www.pdwb.de |